Schuften für ’nen Appel und ’n Ei

VERDIENST Immer mehr Menschen in Deutschland bekommen für ihre Arbeit nur einen Niedriglohn

BERLIN rtr | Immer mehr Arbeitnehmer in Deutschland arbeiten für einen Niedriglohn. Jeder fünfte Beschäftigte in einem Betrieb mit zehn oder mehr Mitarbeitern habe im Jahr 2010 einen Stundenlohn von weniger als 10,36 Euro brutto erhalten, teilte das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden mit. Der Anteil der Niedriglohn-Beschäftigten sei auf 20,6 Prozent gestiegen nach 18,7 Prozent im Jahr 2006. Besonders hoch sei ihr Anteil mit 87 bis 81,5 Prozent der Beschäftigten unter Taxifahrern, Friseuren sowie im Reinigungsgewerbe. In Restaurants und Gaststätten, Wäschereien und chemischen Reinigungen sowie in Kinos bekämen drei von vier Beschäftigten einen Niedriglohn.

„Mit dieser Steigerung setzte sich ein längerfristiger Trend fort“, erklärte der Präsident des Bundesamtes, Roderich Egeler. Betroffen von Niedriglöhnen seien vor allem atypisch Beschäftigte. Dazu würden Teilzeit von bis zu 20 Wochenstunden, befristete Beschäftigung, Zeitarbeit und Minijobs gezählt. Fast jeder Zweite (49,8 Prozent) von ihnen habe einen Niedriglohn erhalten. Besonders ausgeprägt sei dies bei 400-Euro-Jobbern: 84,3 Prozent bekommen nur einen Niedriglohn. Als Niedriglohn gilt ein Verdienst, der kleiner ist als zwei Drittel des mittleren Einkommens aller Beschäftigten. Daraus ergibt sich die Niedriglohngrenze von 10,36 Euro für 2010.

Druck zur Einführung eines bundesweiten Mindestlohns kommt aus der großen Koalition von CDU und SPD in Thüringen. Sie will eine Bundesratsinitiative auf den Weg bringen, wonach eine unabhängige Kommission einen bundesweiten Mindestlohn für alle Branchen festlegen soll.

Das Vorhaben geht über den in der schwarz-gelben Bundesregierung diskutierten Mindestlohnvorstoß aus der Union hinaus. Dieser sieht vor, dass eine Kommission einen Mindestlohn nur für tariffreie Zonen festlegen würde. Dieser Vorstoß hat in der Regierung aber ohnehin kaum Chancen, weil er vom Koalitionspartner FDP blockiert wird.