Ein Event mit Inhalt

VON PHILIPP GESSLER

Es hat etwas von einem Champions-League-Finale: Hunderttausende Menschen in der Stadt, die meisten mit dem gleichen Emblem auf T-Shirt, Hut oder Schal. Fahnen und verstopfte U-Bahnen. Vor allem aber Schlachtgesänge in typischer Stadion-Manier: „Be-ne-de-tto (zweifaches, dann vierfaches Klatschen) – Be-ne-de-tto!“

Nun, Benedetto ist kein genialer brasilianischer Mittelfeldspieler, sondern ein alter Mann, der morgen nach Köln kommen wird: Papst Benedikt XVI., der „deutsche“ Papst, besucht den Weltjugendtag in der Domstadt. Schon gestern bei der offiziellen Eröffnung des katholischen Massenevents mit mehr als 400.000 Dauergästen herrschte die typische Katholiken- und Kirchentagsatmosphäre: geistliche Gesänge in der U-Bahn, jugendfrei kuschelnde Jugendliche an öffentlichen Plätzen und überall Enge ob eines Zuviels an Gotteskindern allerorten. Das Ganze noch etwas freudiger, lauter und überspannter als in Deutschland sonst üblich, dafür sorgen schon die Gruppen aus Italien, Mexiko oder sonstwoher.

Junge Menschen aus mehr als 200 Nationen sind hier versammelt. Entsprechend euphorisch gaben sich die katholischen Würdenträger zu Beginn der Veranstaltung: Joachim Kardinal Meisner, der Erzbischof von Köln, machte es besonders dick und sah die Möglichkeit, dass von der Domstadt ein neues Kapitel in der „Kirchen- und Weltgeschichte“ aufgeschlagen werden könne. Der reaktionäre Oberhirte sonnte sich geradezu in Erfolgszahlen: Fast 10.000 Priester seien gekommen, erwartet habe man 5.000. Mit 500 Bischöfen sei gerechnet worden, nun kämen fast 800. Und statt der eingeplanten 6.600 Journalisten, seien es nun kurzfristig rund 7.700 geworden – die katholische Kirche hat schon immer große Zahlen geliebt. Der Weltjugendtag solle zu einem „tiefen geistigen Ereignis in Deutschland, Europa und der Welt“ werden, hoffte er.

Durchdachter zeigte sich der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann. Der Bischof von Mainz wertete den Weltjugendtag („Das ist wirklich überwältigend!“) auch als ein Zeichen, dass man sich als Weltkirche nicht „in die Kirchen zurückziehen“ dürfe. Die Kirche brauche von Zeit zu Zeit solche großen Veranstaltungen, etwa auch die Katholikentage, um deutlich zu machen, „dass wir nicht verzagen“ – ein kleiner Seitenhieb auf den neben ihm sitzenden Kardinal Meisner, der sich stets ziemlich abfällig über Laienveranstaltungen wie Katholikentage äußert, da sie ihm mittlerweile zu kritisch sind. Der Jugendbeauftragte der Bischofskonferenz, Bischof Franz-Josef Bode, wertete den Weltjugendtag als ein Zeichen, dass die Globalisierung nicht nur zu negativen weltweiten Bünden, etwa terroristischen Netzen, führe, sondern auch zu „Netzwerken des Friedens“. Die könne man derzeit in Köln beobachten.

„Omnia parata est“ (Alles ist bereitet), sagte auf gut Kirchenlateinisch Bischof Josef Clemens vom Päpstlichen Rat für die Laien im Vatikan, der Institution, die seit Jahren zu den Weltjugendtagen aufruft. Der Weltjugendtag sei zwar „ein Event, aber mit Inhalt, mit klaren Konturen“, betonte er mit Blick auf Kritiker, die dem Massenereignis vorwerfen, hier stehe nicht der Glaube im Vordergrund, sondern lediglich der Spaß. Es gehe, so Clemens, nicht darum, zusammenzukommen „um zusammenzukommen“. Zentral seien vielmehr die geistlichen Inhalte, was sich in den unzähligen Gottesdiensten der kommenden Tage, in Katechesen und schließlich in der großen Papstmesse am Sonntag zeige. Der Weltjugendtag werde „zum Portal des Pontifikats von Benedikt XVI.“, so Clemens. Es werde sich zeigen, dass die Kirche „eine junge Kirche ist“. Auch beim neuen Papst werde wie schon beim verstorbenen „große Begeisterung aufkommen“, prophezeite er. Wer die zahlreichen „Be-ne-de-tto“-Rufe gestern in Köln hörte, wird dieser Prophetie glauben.