Der Metzger ruft

betr.: „Kälber und Schlächter“, taz vom 15. 8. 05

Stoiber hat mit seinem Spruch hoffentlich den rhetorischen Tiefpunkt im Wahlkampf gesetzt. Entweder kennt Stoiber den größten deutschen Dramatiker (und Lyriker) des 20. Jahrhunderts, der zudem aus Bayern stammt, nicht. Oder er hat bewusst eine Gleichsetzung der politischen Gegner mit den Faschisten in Kauf genommen, vergleicht die ostdeutschen Wähler mit den Menschen der Weimarer Republik, die Hitler nicht verhindert haben.

Bertolt Brecht, geb. 1898 in Augsburg, schrieb in Verhöhnung der Horst-Wessel-Liedes den „Kälbermarsch“. Darin heißt es: „Hinter der Trommel her / Trotten die Kälber. / Das Fell für die Trommel / Liefern sie selber.“ Es folgt der Refrain: „Der Metzger ruft. Die Augen fest geschlossen / Das Kalb marschiert mit ruhig festem Tritt. /Die Kälber, deren Blut im Schlachthof schon geflossen, / Sie ziehn im Geist in seinen Reihen mit.“ DANIEL MÜNZNER, Rostock