DIE RÜCKSTELLUNGEN FÜR AKW VERZERREN DEN WETTBEWERB
: Ohne Atomkonsens keine Zinsvorteile

Ein Privileg dieser Dimension kennt keine andere Branche. Wer hierzulande ein Atomkraftwerk betreibt, kann seine Steuerlast mindern, indem er steuerbefreite Rückstellungen für Abriss und Endlagerung bildet. Das war in Zeiten, als die Stromversorger noch über Gebietsmonopole verfügten, tragbar. Doch seit Öffnung der Märkte ist es das nicht mehr. Längst konkurrieren kleine Stadtwerke mit großen Konzernen im Kampf um Stromkunden – und wer dabei auf eine saftige Steuerersparnis zurückgreifen kann, der hat dem anderen Entscheidendes voraus. Das ist Wettbewerbsverzerrung in Reinstform und somit nicht akzeptabel.

Auch die Bundesregierung ist sich dieses Problems seit langem bewusst, weshalb sie die Steuervorteile der Atomfirmen bereits im Jahre 1999 beschnitten hat. Doch weitere Aktivitäten in diese Richtung haben derzeit wenig Chancen, weil die Bundesregierung seit Abschluss des Atomkonsenses keine neuerlichen Konflikte sucht. Die Vereinbarung nämlich war – was in der aktuellen Diskussion unterzugehen droht – tatsächlich ein Konsens: Er basierte auf einem Geben und Nehmen beider Seiten. Wer wie die wohl künftige Bundesregierung hinter den Atomkonsens zurückwill, provoziert folglich, dass auch das Thema Rückstellungen wieder auf den Tisch kommt. Hier geht es allein um den freien Markt – im Interesse gleicher Chancen zwischen Atom- und Nichtatomfirmen.

Dies sicherzustellen gibt es zwei Möglichkeiten. Erstens: Die Steuerfreiheit der Atomrückstellungen wird abgeschafft. Denn wenn die Atomfirmen ihre Gewinne regulär versteuern müssen, ist es vorbei mit der Wettbewerbsverzerrung. Dass die Unternehmen ihre Ausgaben beim Rückbau der Reaktoren dann später steuermindernd anrechnen können, ist logisch und selbstverständlich. Aber sie bekommen nicht auch noch einen Zinsvorteil. Die zweite Möglichkeit besteht darin, den Unternehmen ihre Rücklagen zu entziehen und diese in einen Fonds einzubringen. Dann können die Firmen mit dem Geld nicht arbeiten und auch keine Vorteile mehr gegenüber den kleinen Stromversorgern erzielen. BERNWARD JANZING