43 Tote bei Anschlagserie in Bagdad

Drei koordinierte Autobomben explodieren in Iraks Hauptstadt. Einem britischen Pressebericht zufolge wurden im Juli über 1.100 Zivilisten in Bagdads Leichenhalle eingeliefert – so viele wie nie zuvor. Viele waren verstümmelt oder hatten Folterspuren

BAGDAD/BERLIN afp/taz ■ Bei drei offensichtlich koordinierten Anschlägen in der irakischen Hauptstadt Bagdad sind gestern 43 Menschen getötet worden. 76 weitere wurden nach Angaben des irakischen Innenministeriums verletzt, als am Morgen drei Autobomben innerhalb einer halben Stunde explodierten. Es war die schlimmste Anschlagserie in Bagdad seit mehr als einem Monat, als 32 irakische Kinder bei einem Attentat getötet wurden, die gerade von US-Soldaten Süßigkeiten entgegennahmen.

Gegen 7.45 Uhr Ortszeit explodierte die erste Autobombe vor dem Busbahnhof al-Nahda im Viertel al-Kindi, etwa zehn Minuten später ging die zweite Autobombe dort hoch. Von dem Busbahnhof fahren die Autobusse in die schiitischen Provinzen im Süden des Landes ab. Während Rettungskräfte Opfer der ersten beiden Anschläge ins Krankenhaus von al-Kindi brachten, detonierte dort das dritte mit Sprengstoff präparierte Fahrzeug vor dem Eingang der Notaufnahme. In der Nähe befindet sich ein Garten, in dem sich oft Patienten und ihre Besucher aufhalten. Ein nahe stehendes Gebäude wurde schwer beschädigt.

„Ich war im Krankenhaus, um nach den Verletzten der ersten Explosionen zu sehen, als eine riesige Detonation das Gebäude erschüttert hat“, berichtete der Verkehrspolizist Ali Dschassem Hamad. Insgesamt seien 22 Autos beschädigt worden, davon 19 Zivilfahrzeuge und drei Polizeiwagen, verlautete aus dem Innenministerium. Nach den Attentaten sperrte die Polizei das Gebiet weiträumig ab und evakuierte es vollständig. Sicherheitskräfte schossen in die Luft, um die Menschenmenge auseinander zu treiben.

Nach einem Bericht der britischen Tageszeitung The Independent wurden im Juli mehr als 1.100 tote Zivilisten in die Leichenhalle von Bagdad eingeliefert, so viele wie nie zuvor. Etwa zehn bis zwanzig Prozent der Leichen seien so schlimm verstümmelt und entstellt, dass sie nicht identifiziert werden könnten, berichtete das Blatt in seiner gestrigen Ausgabe. In vielen Fällen seien die Iraker bei Explosionen zerfetzt oder von ihren Mördern absichtlich entstellt worden. Seit Januar seien etwa 500 unbekannte Tote bestattet worden.

„Noch nie in der Geschichte des Bagdader Medizin-Instituts sind so hohe Zahlen verzeichnet worden wie im Juli 2005“, sagte ein langjähriger leitender Mitarbeiter der Einrichtung der Zeitung. Im Juli vergangenen Jahres wurden dem Independent zufolge rund 800 irakische Zivilisten in die Leichenhalle eingeliefert; im Jahr davor – wenige Wochen nach dem US-geführten Einmarsch in den Irak – seien es rund 700 Tote gewesen. Zum Vergleich: Vor Kriegsbeginn wurden monatlich weniger als 200 Leichen eingeliefert. Die Zahl der seit Kriegsbeginn getöteten US-Soldaten beträgt 1.843. Von den im Juli eingelieferten Leichen waren dem Bericht zufolge 963 Männer und 139 Frauen. Von den Männern wiesen viele Folterspuren wie Verbrennungen auf, sie seien gefesselt und mit verbundenen Augen durch Kopfschüsse regelrecht exekutiert worden.

Der Bericht des Independent weist darauf hin, dass neben den Opfern von Angriffen durch Aufständische oder von US-Soldaten, etwa an Kontrollposten, auch Opfer von Kriminalität oder Autounfällen unter den Toten seien. Bei den Frauen gebe es sicher auch Fälle von so genannten Ehrenmorden.

Im Irak selbst werden diese Zahlen laut Independent nicht veröffentlicht. B.S.