Die Wahlfreiheit für die Grundschule kommt

Der Krach zwischen CDU und FDP um die Auflösung der Schulbezirke in NRW ist eigentlich gar keiner, heißt es aus dem Schulministerium. Auch die CDU will an der Koalitionsvereinbarung festhalten und Wahlfreiheit einführen

KÖLN taz ■ Nach dem Schlagabtausch zwischen FDP und CDU wegen der Auflösung der Schulbezirke zeigt sich die NRW-Landesregierung sichtlich bemüht, die Wogen zu glätten. „Streit gibt es eigentlich gar nicht“, sagte Oliver Mohr, Pressesprecher von Schulministerin Barbara Sommer (CDU) der taz. Die Ministerin habe nur darauf hingewiesen, dass die vereinbarten Beschlüsse in einer sinnvollen Reihenfolge umgesetzt werden müssten.

Ministerin Sommer hatte vor zwei Tagen erklärt, sie halte die geplante Abschaffung der Schulbezirke, die es Eltern ermöglichen soll, ihre Kinder auf einer Grundschule ihrer Wahl anzumelden, nicht für vordringlich. Integrationsminister Armin Laschet (CDU) hatte in der WAZ sogar gesagt, er „halte das Ganze nicht für durchdacht“. Der Generalsekretär der NRW-FDP, Christian Lindner, hatte die Äußerungen „mit Erstaunen zur Kenntnis genommen“ und den Koalitionspartner daran erinnert, dass „diese Veränderung der Schullandschaft“ in den Koalitionsverhandlungen beschlossen wurde.

Am Koalitionsvertrag festhalten wolle auch die CDU, betonte Mohr. Der Beschluss zur freien Grundschulwahl werde noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt. Allerdings bräuchten die Schulen Zeit, sich vorzubereiten. Auch „problematische“ Grundschulen müssten die Möglichkeit bekommen, „sich im Wettbewerb positionieren zu können“ – etwa durch mehr Angebote zur Sprachförderung oder indem sie mehr Lehrerstellen zugewiesen bekommen. „Das sehen wir auch so“, gab sich Lindner darauf wieder versöhnlich. 2008 solle die Wahlfreiheit eingeführt werden, „bis dahin werden die Schulen instand gesetzt“, sagte er der taz.

Man könne die Schulen aber nicht wirklich auf den „freien Wettbewerb“ vorbereiten, erwidert Horst Bartnitzky, Vorsitzender des Grundschulverbandes. „Man wird abwarten, wie Eltern wählen und erheblich nachsteuern müssen.“ Dann aber sei der „Bildungstourismus“ und damit die Trennung in „gute“ Schulen für die Bildungsbürgerkinder und „schlechte“ Schulen für den Rest bereits Realität.

Auch Baldur Bertling, Sprecher des NRW-Grundschulverbandes, hält den Ansatz der Landesregierung grundsätzlich für falsch. „Jedes Kind hat das Recht auf das gleiche Angebot, und es ist die Pflicht des Staates, das zu ermöglichen.“ In Gegenden mit besonderen Belastungen für die Schulen müsse der Staat daher mehr tun als anderswo. Wenn nun ein offizielles Ranking der Schulen eingeführt werde und die Eltern sich die Schule entsprechend aussuchen können, habe der Staat bereits akzeptiert, dass Schulen ungleich sind. „Das ist absurd“, sagt Bertling. Auch eine zusätzliche Förderung der benachteiligten Schulen zur Wiederherstellung der Chancengleichheit macht für ihn keinen Sinn: „Wenn das gelingt, braucht man auch kein Ranking und keine Abschaffung der Schulbezirke mehr.“ SUSANNE GANNOTT