meinungsstark
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Noch nie so empört gewesen

„Greta Thunberg ist keine Kassandra“, taz vom 4. 5. 19

Was soll dieses diskriminierende und überhebliche Thunberg-Bashing auf Boulevardniveau in der taz? Muss Jan Feddersen seinen Frust über überfürsorgliches und häufig umweltbezogen inkonsequentes Verhalten von Mittelklasseeltern ausgerechnet an einer mutigen und ausdauernd kämpferischen jungen Frau auslassen, die es schafft, eine neue Bewegung bei jungen Menschen für dieses gesellschaftlich essenzielle Thema zu initiieren? Hat er überhaupt eine Ahnung davon, was es bedeutet, zwei Kinder mit solchen Handicaps großzuziehen? Falls ich mich als jahrzehntelange taz- Leserin richtig erinnere: So empört war ich über einen Artikel in dieser Zeitung noch nie! Petra Reichert, Hamburg

Menschheit vor sich selbst schützen

„Greta Thunberg ist keine Kassandra“, taz vom 4. 5. 19

Geehrter Herr Feddersen, Greta Thunberg ist keine Kassandra. Dann wäre sie eine um die Zukunft Wissende, der niemand glauben würde. Das ist der Fluch der Kassandra. Greta Thunberg weist jedoch auf bekannte Tatsachen hin und fordert ein Umdenken der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Das wird von vielen Menschen geglaubt und unterstützt. Also mitnichten ein Kassandraruf.

Ob sie das Asberger-Syndrom hat oder ihre Mutter Vielfliegerin ist, ihr Vater zu Hause herumsitzt und ihre Schwester mit ADHS diagnostiziert wurde, hat mit Klimawandel nichts zu tun und sind Informationen, die zu diesem Problem nichts beitragen. Über den Hype zu Greta darf man die vielen Menschen nicht vergessen, die tagtäglich ihre Zeit und Kraft geben und versuchen, die Menschheit vor sich selbst und damit vor der Vernichtung zu retten. Cora Diemer, Hofheim am Taunus

Eine notwendige Ergänzung

Lasst uns keine Freunde bleiben“, taz vom 4./5. 5. 19

Schön, dass ihr die Geschichte von Ambros Waibel in der taz vom 4./5. Mai mit den Karikaturen von Erich Ohser illustriert habt. Noch schöner wäre die kurze biografische Ergänzung gewesen, dass er sich nach der Denunziation wegen eines politischen Witzes das Leben nahm, um der anstehenden Verurteilung – vermutlich zum Tod wie sein Freund Erich Knauf auch – durch den Volksgerichtshof zu entgehen. Deshalb das Todesjahr 1944. Bettina Eichhorn, Frankfurt am Main

Falscher Ratschlag

Lasst uns keine Freunde bleiben“, taz vom 4./5. 5. 19

Ein interessanter Beitrag zu den oft lebenslangen Spannungen zwischen Kindern und Eltern. Aber warum übersieht Ambros Waibel die Möglichkeit der Versöhnung, gar der Heilung? Und der dann eben möglichen erfüllenden Beziehung?

Ihm steht die falsche These Charlottes Roches im Wege, dass man erst erwachsen ist, wenn man keine Eltern mehr hat. Der Mensch übernimmt Schritt für Schritt Verantwortung für das eigene Leben: für die eigene Berufswahl, für die Partnerwahl, für die Gestaltung der Partnerschaft, der beruflichen Tätigkeit. Der größte Schritt aber ist, Verantwortung zu übernehmen für neues Leben. Wir werden also erwachsen, wenn wir selbst Kinder bekommen. Und gerade ab diesem Punkt ändert sich der Blick auf die eigenen Eltern, weil er nun angereichert ist durch die Erfahrung eigener Elternschaft, eigener Fehler und Mängel im Umgang mit Kindern. Damit ergibt sich die Chance, die Beziehung zu den Eltern neu zu gestalten, den vielleicht lang gehegten Groll, ja Hass zu relativieren. Eine neue Art der Freundschaft wird nun möglich. Auch die Beziehung der Großeltern zu den Enkeln verändert das Eltern-Kind-Verhältnis – von den jungen und den alten Eltern aus gesehen. Gänzlich ausgeblendet hat der Autor die komplexeren Familienverhältnisse durch Trennung und Scheidung: Oft treten neue Menschen in das Familiengeflecht, ohne durch Elternschaft belastet zu sein. Noch eine Chance, eingefahrene Verhaltensweisen zu korrigieren. Also: Der Ratschlag „Lasst uns keine Freunde bleiben“ ist falsch, weil er verschiedene Korrekturmöglichkeiten verstellt. Meinhard Schröder, Berlin