„Wir lassen uns nicht kriminalisieren“

Der Bundeswahlleiter sei parteiisch, schimpft Jan Theiler, Bundesvorsitzender der Bergpartei. Sie wurde nicht zur Bundestagswahl zugelassen. Dagegen will die Partei klagen. Nächstes politisches Ziel: die Abgeordnetenhauswahl

taz: Herr Theiler, der Bundestagswahlausschuss hat die Bergpartei für die Wahlen im September nicht zugelassen. Woran ist Ihre Bewerbung gescheitert?

Jan Theiler: Der Bundeswahlleiter gab vor, unparteiisch zu sein, hat aber gleich zu Beginn die Empfehlung ausgesprochen, uns nicht anzuerkennen. Zudem sitzen in diesem Ausschuss nur Vertreter der großen Parteien. Da braucht man sich nicht wundern, warum die so etwas abnicken.

Bundesweit wurden immerhin 34 der insgesamt 66 Parteien zugelassen, darunter viele ganz kleine.

Anscheinend wollen die Vertreter im Wahlausschuss um jeden Preis verhindern, dass die Volkspalastbefürworter ein Sprachrohr im Parlament bekommen. Dazu passt auch, dass sie uns zu einer kriminellen Vereinigung machen wollen. Das wäre aber nicht mehr so einfach, wenn wir eine anerkannte Partei sind. Vergangene Woche hatte es bei einem unserer Mitglieder eine Hausdurchsuchung gegeben – aus Versehen, sagt die Polizei. Sie habe sich in der Tür geirrt.

Gibt es Gründe für eine Kriminalisierung?

Nein. Die Partei besteht aus einem Netzwerk von Kulturaktivisten und ehemaligen Hausbesetzern. Wir verstehen uns als links unten. Das haben die wahrscheinlich irgendwann auch mitgekriegt. Aber das rechtfertigt noch lange keine Kriminalisierung.

Wie lauten denn die offiziellen Begründungen, warum Ihre Partei nicht anerkannt wurde?

Die Begründungen lauten: Uns gebe es erst einen Monat, wir hätten nicht genug Mitglieder. Das können aber keine Begründungen sein. Erstens handelt es sich hier um eine vorgezogene Wahl, und dafür können wir ja nichts. Zweitens gibt es diese Regelung offiziell gar nicht.

Unter anderem wurde Ihrer Partei die Ernsthaftigkeit abgesprochen.

Dieser Vorwurf ist unverschämt. Wir machen schon seit vielen Jahren Politik und haben in den vergangenen 20 Jahren als Aktivisten stark dazu beigetragen, dass Berlin politisch und kulturell so lebenswert geworden ist. Außerdem: Die Titanic-Partei ist auch zugelassen worden – und in deren Parteiprogramm wird der Wiederaufbau der Mauer gefordert.

Ihre Partei hat gerade einmal 80 Mitglieder, und sie wollte nur in Berlin antreten. Warum mussten es gleich die Bundestagswahlen sein?

Der Erhalt des Palasts der Republik ist doch eine Forderung von bundesweitem Interesse. Auch dass Dinge über die Köpfe der Menschen hinweg entschieden werden, kenne ich nicht nur aus Berlin. In Anbetracht der knappen Zeit hatten wir es nur geschafft, einen Berliner Landesverband zu gründen. Aber wir haben auf jeden Fall die Absicht, überall zu kandidieren.

Mit was für einem Ergebnis hätten Sie denn gerechnet?

Ich denke schon, dass da der eine oder andere Prozentpunkt drin gewesen wäre. Da muss ich mich jetzt gar nicht so klein machen. Wir hatten auf jeden Fall schon eine fette Kampagne mit 5.000 Plakaten am Start. Damit werden wir jetzt nur noch Friedrichshain-Kreuzberg zukleistern. Denn wenigstens einer unserer Kandidaten hat es geschafft, dort als Einzelperson zugelassen zu werden.

Sie haben doch nicht ernsthaft geglaubt, die Fünfprozenthürde zu überwinden?

Das weiß ich nicht so genau. Aber zumindest die Spielregeln dieser komischen Demokratie müssten theoretisch für alle gleich sein.

Wie geht es für die Bergpartei weiter?

Zunächst einmal werden wir den Beschluss juristisch anfechten. Dann müssen wir alle zusammentrommeln, die noch motiviert sind. Unser Ziel ist dann die Abgeordnetenhauswahl 2006.

INTERVIEW: FELIX LEE