Zitterpartie für Kleinstparteien

Heute entscheidet der Landeswahlleiter, welche Parteien in Berlin zur Bundestagswahl zugelassen werden. Die Linkspartei muss sich hier keine Sorgen machen, neun kleine Gruppierungen schon

von FELIX LEE

Landesweit wird über Politikverdrossenheit geschimpft. Betrachtet man jedoch die Zahl der Parteien, die bei den Bundestagswahlen am 18. September kandidieren wollen, kann davon keine Rede sein: Trotz des vorgezogenen Wahltermins wollten 66 Parteien antreten. 34 von ihnen gab der Bundeswahlausschuss vergangenen Freitag grünes Licht. Heute entscheiden die Landeswahlleiter, wer antreten darf. Neben den etablierten Parteien sind es in Berlin noch neun, die um die Teilnahme bangen.

Auf der sicheren Seite können sich die NPD, die Republikaner, Die Grauen Panther und die marxistisch-leninistische MLPD wähnen. Sie existieren seit Jahrzehnten, ihre Programme haben sich seitdem kaum verändert, und über eine feste Mitgliederstruktur verfügen sie auch. Einleuchtend ist, dass der Bundeswahlausschuss die Voraussetzungen für nicht erfüllt sieht bei kuriosen Vereinigungen wie „Bären für Deutschland“.

Unklar bleibt jedoch, warum ausgerechnet der von Berliner KünstlerInnen gegründeten „Bergpartei“, die sich unter anderem für den Erhalt des Palastes der Republik einsetzt, die Ernsthaftigkeit abgesprochen wurde (siehe Interview). Zwei andere Gruppen wiederum erfüllen die Bedingungen. So wird die „Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiativen“ – die Anfangsbuchstaben der Hauptwörter ergeben das Kürzel „Partei“ – zugelassen, ein Projekt des Satiremagazins Titanic. Die „Partei“ fordert eine Sonderbewirtschaftungszone im Osten, die durch eine Mauer „auch baulich vom Rest der Bundesrepublik getrennt werden“ soll. Auch die „Anarchistische Pogo-Partei“ (APPD) darf wieder antreten.

So nebulös die Kriterien des Wahlausschusses sind, so unklar bleibt die Frage, warum viele dieser Splitterparteien überhaupt auf dem Wahlzettel draufstehen wollen. Viele dieser Partein sind personell so unterbesetzt, dass sie gar nicht in allen Bundesländern antreten können. Auch der finanzielle Gewinn bleibt gering: Erst ab 0,5 Prozent erhalten sie Wahlkampfkostenerstattung – aber nur 85 Cent pro Stimme.

Lohnend wird es erst, wenn eine etablierte Partei eine Kleinere „Huckepack“ in den Bundestag trägt. So, wie die CDU dies in den 60er-Jahren mit Mitgliedern des „Bundes der Heimatlosen und Entrechteten“ machte, wagt es derzeit die PDS mit der WASG und der DKP. Entgegen von einigen Verfassungsrechtlerlnnen geäußerten Bedenken sieht der Berliner Landeswahlleiter Andreas Schmidt von Puskás darin keine rechtlichen Probleme. Entscheidend sei, so von Puskás, ob die Partei ihre Liste in geheimer Wahl aufgestellt hat, ohne dass eine andere Partei dominierenden Einfluss ausübt. So wie die WASG vom PDS-Landesvorstand in den vergangenen Wochen untergebuttert wurde, sind diese Prüfkriterien zumindest in Berlin eindeutig erfüllt.