Die Arbeiterin

Wer mal Bundesminister war, fällt nach der Amtszeit meist recht weich, auf irgendeinen Aufsichtratsposten oder etwas ähnlich Repräsentatives und Lukratives. Bei Andrea Fischer, der ersten grünen Bundesministerin, hat das nicht so recht funktioniert.

Sie machte nach ihrem Rücktritt als Ministerin für Gesundheit und Verbraucherschutz aus Gerhard Schröders rot-grünem Kabinett keine, wie sie selbst sagt, brillante berufliche Karriere. Stattdessen wird sie Fernsehmoderatorin, PR-Beraterin, Krimikolumnistin. 2011 beginnt das zaghafte politische Comeback. Die 52-Jährige kandidiert als Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Mitte, wird in die Bezirksverordnetenversammlung gewählt. Jetzt soll sie neue Finanzdezernentin der Region Hannover werden.

Fischer zieht 1994 für die Grünen in den Bundestag, 1998 wird sie Gesundheitsministerin, ein Jahr später scheitert ihr Entwurf zur Gesundheitsreform im Bundesrat und am 9. Januar 2001 müssen sie und der damalige Bundeslandwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke (SPD) wegen der Rinderseuche BSE zurücktreten. Zehn Jahre nach ihrem Rücktritt sagt Fischer in einer ARD-Dokumentation, ohne Druck aus den eigenen Reihen wäre sie nicht gegangen. Aber SPD-Mann Funke sollte weg und dafür mussten die Grünen ein Opfer bringen: Andrea Fischer. 2002 setzte Fischers Partei sie nicht mehr auf die Liste zur Bundestagswahl. Es folgte ein Jahr mit Depressionen, Medikamenten und einer Therapie – bis sie sich aufrappelt und weiterarbeitet.

Und während Funke später Vorsteher des Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverbandes wird, sich seine Silberhochzeit vom Verband bezahlen lässt und sich vor dem Landgericht Oldenburg wegen Untreue verantworten muss, bleibt Fischer fern von den repräsentativen Posten und fern von Skandalen. Irgendwie könnte der Dezernentenposten jenseits des öffentlichen Fokus im Ressort Finanzen und Gebäudemanagement gut zur soliden Arbeiterin Fischer passen. ILK