Flughafen-Debatte: Wowereit will weitermachen

BER Regierender sieht weiter „Erfolgsgeschichte“, die Opposition wähnt sich im falschen Film

„Ihr Versagen ist der größte Jobkiller“

RAMONA POP (GRÜNE) ZU KLAUS WOWEREIT (SPD)

Udo Wolf ist eigentlich ein selbstbewusster Typ. Aber am Donnerstag zweifelt der Chef der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus stark an seinem Sprachverständnis. „Ich habe immer gedacht, eine Erfolgsgeschichte ist etwas, was richtig gut geklappt hat“, sagt Wolf. Kurz zuvor hat der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) den Flughafen BER, für ganz Deutschland inzwischen Inbegriff von Missmanagement und Schluderei, erneut als „Erfolgsgeschichte“ bezeichnet – und das unter lautem Beifall seiner rot-schwarzen Koalition.

Zwei Welten treffen aufeinander, als Wowereit im Parlament seine Regierungserklärung zur Lage am Flughafen abgibt: Ein Regierender, der böse Kräfte, vor allem die Grünen und die Medien, am Werk sieht, Berlin kaputtzureden – dabei hätten auch andere Orte Probleme bei Großprojekten. Der wie schon vor zwei Wochen eine Art Burgfrieden fordert, um das gemeinsame Projekt Flughafen zu Ende zu bringen. Der sich auf einen SPD-Fraktionschef Raed Saleh verlassen kann, der im Brustton der Überzeugung versichert, die Probleme in Schönefeld seien groß, „aber sie werden Schritt für Schritt gelöst“.

Demgegenüber steht eine Opposition, die sich im falschen Film wähnt. Ramona Pop, die grüne Fraktionschefin, will gehört haben, dass die Flughafentechniker erst im November wissen werden, ob der neue Eröffnungstermin im Oktober 2013 realistisch ist. Und ihr Kollege Wolf kann in Wowereits Zusammenhalteparolen nur „furchtbares Pathos“ erkennen.

Reine Trickserei ist für Udo Wolf auch, dass die für den Flughafen-Nachschlag benötigten 444 Millionen Euro angeblich nur durch überraschende zusätzliche Steuereinnahmen und niedrigere Zinsen zusammenkommen sollen – ohne neue Kredite oder irgendwelche Kürzungen. „Ist das nicht absolut lächerlich?“, fragt Wolf, „dass Herr Nußbaum im Haushaltsnotlageland Berlin genau diese Summe finden kann?“

Grünen-Fraktionschefin Pop vermisst bei Wowereit Demut angesichts des Schönefeld-Debakels. Er habe sich nur zur Aussage herabgelassen, es seien Fehler gemacht worden – aber „wer ist ‚es‘? Verantwortung übernehmen sieht anders aus“, sagt Pop. Und legt nach, in Anspielung darauf, dass vom BER immer als größter Jobmaschine der Region die Rede ist: „Ihr Versagen ist der größte Jobkiller beim BER.“

Ein Rücktritt als Aufsichtsratschef aber kommt für Wowereit nicht infrage: „Verantwortung wahrnehmen heißt nicht die Brocken hinwerfen.“ Für Pop ist er dennoch am Ende: „Mit Klaus Wowereit als Regierendem Bürgermeister gewinnt die SPD keine Wahl mehr – sie hat nur noch keinen anderen.“ STEFAN ALBERTI