DIE LINKSPARTEI WIRD AN DEN RAND GEDRÄNGT
: Wahlkampf wieder zwischen CDU und SPD

Alle reden vom geringfügigen Stimmen-Plus bei der Union, doch das interessanteste Ergebnis der jüngsten Umfragen zur Bundestagswahl blieb weithin unbeachtet: die Verluste bei der PDS. Seit ihrer Umbenennung in „Linkspartei“ hatte sie zu einem Höhenflug angesetzt, der in der deutschen Parteiengeschichte beispiellos war. Jetzt, pünktlich zu Beginn der heißen Wahlkampfphase, geht die Formation in einen langsamen Sinkflug über. Die Partei, die zeitweise bundesweit bei bis zu 13 Prozent notierte, nähert sich wieder dem einstelligen Bereich.

Was ist geschehen? Hat Edmund Stoiber mit seinen Rüpeleien gegen „frustrierte“ Linke die PDS-Sympathisanten nachhaltig verschreckt? Wohl kaum. Mit dem neuen, scharfen Ton indes hat die Abkehr von Gysi und Lafontaine durchaus zu tun. Mit dem Näherrücken des Wahltermins konzentriert sich die Auseinandersetzung auf die Frage, was nach dem 18. September kommen wird – und wendet sich ab von dem, was vor dem 22. Mai gewesen ist. Die Linkspartei gewann ihre Stärke aus dem Protest gegen die SPD und ihre Reformpolitik, die als Verrat an linken Idealen verstanden wurde. Das aber ist ein Streit von gestern. Ob Schröders Agenda 2010 richtig war oder falsch, werden eines Tages die Experten für die Geschichte der Sozialdemokratie zu beurteilen haben.

Spätestens die Vorstellung des „Kompetenzteams“ von CDU und CSU hat den Wählern ins Bewusstsein gebracht, was bislang eher eine abstrakte Größe war: dass die Kanzlerin der Bundesrepublik, wenn nicht noch ein politisches Erdbeben geschieht, vom Herbst an Angela Merkel heißen wird. Damit entsteht eine Konstellation, in der die SPD-kritische Haltung der Linkspartei zur Nebensache wird. Gegen die Köpfe des „Kompetenzteams“ steht das rot-grüne Kabinett. Die Linkspartei hat eine solche Mannschaft nicht aufzubieten. Zumindest nicht im Westen, wo sie als reine Protestpartei fungiert. Im Osten kann sie zwar ihre Landesminister vorweisen. Doch was deren realpolitische Agenda von den Positionen einer Union oder einer SPD unterscheidet, werden auch noch so geübte Parteistrategen im Wahlkampf nicht leicht verdeutlichen können. RALPH BOLLMANN