wortwechsel
: „Hey, wir Alten sind nicht einfach nur Scheiße!“

LeserInnen U24 haben den älteren Generationen zum 40. Geburtstag der taz die Leviten gelesen: Klima, Rente, Politik. Ältere taz LeserInnen fanden vieles richtig, vieles überzogen

Klima, Politik, Rente – alles verkackt? Ist das übertriebene Panik? Foto: Sebastian Wells/Ostkreuz

„Habt ihr es verkackt?“, taz vom 18./19. 4. 19

„Faule, alte Generation?!“

Viel Panik! Vieles ist richtig, aber nicht alle haben „geschlafen“! Viele haben zu den genannten Themen gekämpft, vielleicht nicht immer an vorderster Front, nicht das Optimale erreicht, aber trotz vieler Waffen – über 70 Jahre Frieden! Die „alten Rentner“ kassieren nicht nur, sie teilen auch viel mit ihren Nachkommen, sie waren sozial mit Mitarbeitern und zeigten viel Engagement – ehrenamtlich. Ich wünsche mir sehr, dass die positiven und Mut machenden Aspekte mehr in die Schlagzeilen kämen. Die ständige Kritik an Vergangenem, an der „faulen, alten Generation“ geht mir auf den Wecker. Zu wie viel „öko, Teilhabe, Mitdenken, Zeit verschenken“ ist die ach so verantwortungsbewusste junge Generation denn bereit? Ulrike Schaffrath, Baesweiler

Klischees von gestern

Wir – unsere Familie, junge und ältere – engagieren uns seit Jahren für mehr Lebensqualität. In Gütersloh, in Köln. Bisher war der Widerstand von Konzernen erheblich. Gruppen und Einzelpersonen konnten wenig erreichen. Und trotzdem gab es Verbesserungen. Manchen Jugendlichen geht die Umwelt genauso „am Arsch“ vorbei wie Erwachsenen.

Attac, Campact, was haben wir durch sie erreicht? Einiges. Die Demonstranten an Ostern haben es gezeigt, nur gemeinsam schaffen wir es. Die alten 60er und die junge Generation. Wir brauchen Vision. Ein Miteinander und keineswegs die Klischees von gestern. („Selbst jetzt schaffen es bestimmte Leute, mit Fridays for future Geld zu machen.“) Das ständige Aufzählen von Gegensätzlichem – so plakativ wie ihr das schreibt, stimmt es sowieso nicht. Fördert Spaltung, anstatt die Kraft zu bündeln. Jürgen Dreyer, Köln

Bismarck und die Rente

Hallo Svetlana Leitz, Du hast Recht. Das mit der Rente haben wir verkackt. Aber nicht der demografische Wandel ist schuld. Damit bist Du nur auf ihre Lüge (man könnte es auch Betrug nennen) hereingefallen, so wie wir auch (Jahrgang 1946) und die beiden Generationen vorher. Bismarck hatte etwas anderes installiert. Er wollte die Arbeiter auf seine Seite bringen. Eine Versicherung mit Kapitaldeckung. Das Geld wird angespart.

Leider waren die beiden Weltkriege sehr teuer, und so stand Konrad Adenauer 1957 vor dem Problem, niemand hatte eingezahlt in die Rentenkasse – und er wollte wieder gewählt werden. Da hat er die Rentenkasse „umgestellt“. Das Geld wurde nicht mehr angespart, sondern gleich wieder ausgezahlt. Heute müssten alle einzahlen, so wie es im Rest von Europa auch passiert. Nur Mut, auch wenn wir es verkackt haben. Zu unserer Rechtfertigung kann ich nur schreiben: Sie haben den Betrug auch wirklich gut vor uns versteckt und mit den Worten demografischer Wandel, Alterspyramide und Altersarmut zugedeckt. Jens Meyer, Berlin

Höhere Beiträge

Mehr Kinder retten unser Rentensystem in dieser Lage auch nicht mehr. Durch die Künstliche Intelligenz (KI) werden in der Zukunft weitere Arbeitsplätze wegrationalisiert. Unsere Politik hat die durchgreifende Wende verschlafen. Was die Rente in der Zukunft retten könnte, ist meiner Meinung nach ein erhebliches Anheben des Beitragsatzes, wie es unsere Nachbarländer Österreich und Schweiz beispielhaft haben. Und dann wäre es wichtig, dass alle in dieses System einzahlen: Arbeitnehmer, Selbstständige, Beamte und Sonstige. Schlecht Verdienende haben kaum Möglichkeiten, sich durch Privatvorsorge Rücklagen zu schaffen. Privatvorsorge ermöglicht es den Banken und Versicherungen, den großen Reibach zu machen. Das ist alles andere als sozial. Ursula Pilz, Bremen

Oberflächlich, herzlos

„Idee okay, aber zu kurz gedacht“ und „Das Verbot gehört verboten“,

taz vom 18./19. 4. 19

Es ist nur begrenzt sinnvoll, die Menschheit in Alterskohorten einzuteilen, denen dann bestimmte Ansichten oder Eigenschaften als quasi natürliche, von ihrem Alter ableitbare, zugeordnet werden. Jugend schützt weder vor Oberflächlichkeit noch vor Herzlosigkeit.

Beispiel eins: Oskar Luis Bender findet Seehofers Gesetz zur „Geordneten Rückkehr“ im Grundsatz „okay“, denn es sei „nichts Schlechtes daran“, Menschen schnellstmöglich abzuschieben, „die sich nicht in Deutschland aufhalten dürfen“. Kein Wort darüber, wer das nach welchen Grundsätzen entscheidet. Wieso sinken die Anerkennungsquoten für Flüchtlinge aus Afghanistan, Syrien, Irak oder Sudan in den letzten Jahren stetig?

Mit einer Verbesserung der Sicherheitslage in den genannten Ländern kann das jedenfalls nicht zusammenhängen. Der Zweck des neuen Gesetzesvorstoßes ist es, Geflüchtete und ihre UnterstützerInnen immer weiter in den Bereich des Kriminellen zu rücken. Bei Herrn Bender ist diese Absicht offenbar schon voll aufgegangen.

Beispiel Zwei: Elif Sundermann spricht sich dagegen aus, das Verbot für gewerbsmäßige Sterbehilfe aufrechtzuerhalten. Dabei vermischt sie in wenigen Zeilen eine Vielzahl von unterschiedlichen Szenarien und Behauptungen, die alle zu dem Schluss führen, Suizid sei der einzige Weg, am Ende des Lebens die Menschenwürde zu erhalten und Schmerzen zu vermeiden. Kein Wort zu den Möglichkeiten der Palliativmedizin und Sterbebegleitung. Die Sorge, dass Menschen dazu gedrängt werden könnten, dem eigenen Leben ein Ende zu setzen, um niemandem „zur Last zu fallen“, wird in einem Halbsatz beiseitegewischt.

Ein existenzielles Thema wird in törichten Allgemeinplätzen und schließlich unterhalb jeder Geschmacksgrenze abgehandelt: Nie wieder möchte ich den Ausdruck „sabbernder Rentner“ in dieser Zeitung lesen müssen! Eleonore von Oertzen, Hannover

Liebe Rebell*innen!

„Das ist regenerative Kultur“,

taz vom 20./21./22. 4. 19

Endlich, endlich! Mein Herz jubelt vor Freude angesichts der neuen Bewegung Extinction Rebellion, die hauptsächlich von jungen Menschen getragen wird. Klare Forderungen; konsequente Gewaltfreiheit auch im Menschenbild; Bezugsgruppen; die Bereitschaft, sich für zivilen Ungehorsam notfalls auch verhaften zu lassen (Gandhis Politik der überfüllten Gefängnisse) – alles dies erinnert mich mit heute 65 Jahren an meine Zeit in der Friedensbewegung der frühen 80er. Wir haben damals versäumt, die durchaus erfolgreichen Ansätze des zivilen Ungehorsams weiterzuentwickeln zu einer wirksamen alternativen „Verteidigungs“-Politik: gegen Aggressoren von innen und außen, gegen die Zerstörung der Umwelt und eben auch für eine gerechte Klimapolitik und den Schutz der Artenvielfalt.

Liebe Rebell*innen, bei weiterhin eindeutiger Haltung zur Gewaltfrage und Dialogbereitschaft (Super, die Flyer an die Autofahrer*innen!) wird die Bewegung schnell wachsen und die Sympathie eines relevanten Teils der Bevölkerung erringen. Und ich bin selbstverständlich mit dabei! Jens Kotulla, Mannheim