portrait
: Der strahlende Schatten des Papstes

Der „Hirtenhund aus Rom“ ist immer noch nicht Bischof von Freiburg. Schon um die Jahrtausendwende hatte Monsignore Georg Gänswein Spekulationen der südbadischen Lokalpresse, er habe es auf den Posten abgesehen, verletzt zurückgewiesen. Damals war er schon vier Jahre Mitglied der Glaubenskongregation. Berufen und protegiert hatte Kardinal Josef Ratzinger den „ebenso frommen, wie gebildeten Priester, der gleichzeitig so gut aussieht“, wie das katholische Konradsblatt berichtete. Seit Ratzinger im April Papst Benedikt XVI. wurde, ist Gänswein sein Privatsekretär.

„Als er zum ersten Mal aufs Papamobil sprang, hielten wir Frauen den Atem an. Dort, wo in den letzten 27 Jahren der blasse und grimmige Stanislaw Dziwisz hinter dem Papst saß, nahm ein großer, athletischer, bonder, blauäugiger junger Mann Platz“, wird in der Weltwoche geschwärmt. Doch der Schwarm der italienischen Damenwelt ist seit 21 Jahren Priester und somit tabu. Geboren wurde er am 30. Juli 1956 als Sohn eines Schmiedemeisters in Waldshut im Schwarzwald. In München studierte er Kirchenrecht, promovierte und wurde Domvikar zu Freiburg, bevor ihn 1995 der Ruf in die Glaubenskongregation ereilte. Deren heutige Aufgaben hätten nicht mehr viel mit denen der berüchtigten Inquisition zu tun, so Gänswein: Sie würde gesellschaftliche Phänomene aus katholischer Sicht bewerten, Verfehlungen von Priestern ahnden, „Erscheinungen“ prüfen und Bischöfe und Theologieprofessoren ernennen. Dass im Namen der Inquisition auch gefoltert und gemordet worden, räumte Gänswein „schon“ 2003 ein. Ihm wird nachgesagt, dass er sich in der Kongregation als noch konservativer als sein Chef Ratzinger profilierte. Nebenbei lehrte er kanonisches Recht an der Opus-Dei-Universität. In seiner neuen Rolle als Privatsekretär fungiert der 49-Jährige nun wie eine Art Filter, der seinen Chef davor bewahrt, von Papierbergen begraben oder mit Anliegen überhäuft zu werden. Dazu gehört schon mal, dass er Benedikt XVI. die verrutschte Brille gerade rückt. Laut Repubblica ist der Sekretär des Papstes aber auch der Mensch, mit dem der Hl. Vater am meisten spricht.

Gänswein sei eigentlich ein fröhlicher und positiv denkender Mensch, schildert Anette K. aus Oberkirchen im Internet. In seiner Zeit als Kaplan habe er gern mit den Ministranten gearbeitet und „bei allen Problemen der Jugendlichen immer seine Hilfestellung angeboten“. So richtig gerührt war sie, als sich ihr „Don Georgio“, „der schöne Schatten des Papstes“, dann am Abend der Papstwerdung mit Ratzinger im schwarzen Mercedes in den Apostolischen Palast kutschieren ließ.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT