Jasmin RamadanEinfach gesagt: Der Nazi, das Franzbrötchen und das Zebra
„Also, ob das jetzt unbedingt sein muss, ein Extra-Bereich für migrierte Pflanzen bei der Bundesgartenschau!“
Eine Dame im weißen Kostüm steht im Alsterhaus, besprüht sich mit Parfum und die Verkäuferin sagt:
„Aber Frau Schlosser, ohne die Düfte aus dem Orient wären unsere Parfums ziemlich begrenzt.“
„Sicher. Mein Shalimar möchte ich nicht missen und Kardamom misch ich mir sogar in den Espresso. Ich mein diese offensive Zwangsverkulturung mit dem Brecheisen rein in die urdeutschen Traditionen. Das muss subtiler werden.“
Eine Frau mischt sich ein: „Man muss über Neues kommunizieren!“
„Sicher, werte Frau, aber muss man es übertreiben? Sollen sie die Pflanzen doch einfach unkommentiert stehen lassen, so wie das Franzbrötchen. Da schreibt der Bäcker ja auch nicht Migrationsbrötchen dran.“
„Das Franzbrötchen? Was ist denn nun daran immigriert?“
„Na, der Zimt!“
„Ach, so hab ich das noch nie gesehen.“
„Eben, es ist besser, wenn nicht so ein Trara gemacht wird, dann werden sich auch die Nazis dran gewöhnen und uns nicht ständig mit ihren unappetitlichen Impulsabwehrreaktionen auf die Nerven gehen.“
„Sie meinen, wenn man es denen nicht aufs Brot schmiert, entspannen die sich von allein?“
„Sicher! Nazis sind krankhaft eifersüchtig, das sind alles Leutchen mit Minderwertigkeitskomplexen, sehnen sich nach Liebe, so wie es diese urdeutsche Band da in den Neunzigern schon auf den Punkt gebracht hat, na, wie heißen die noch, der Urlaub und der B Bela!“
„Sie meinen, man könnte das Problem mit den Rechten lösen, indem man nicht mehr über die Flüchtlinge berichtet?“ Fragt eine junge Frau.
„Na, ganz aussparen kann man das wohl nicht, man soll es nur nicht übertreiben. Das ist alles Psychologie. Man muss dem Nazi Zeit geben, dann geht der vielleicht mal von ganz alleine beim Syrer essen, lässt sich die Mezze schmecken und dann wird das schon.“
„Sie leben in einem Elfenbeinturm.“ Sagt die junge Frau und schüttelt den Kopf.
Die Verkäuferin mischt sich ein:
„Ich weiß, was sie meinen, das ist wie Verkaufspsychologie, wenn ich auf die Kundinnen gleich mit ’nem neuen Duft losgehe, dann rennen die rückwärts wieder raus.“
„Eben. Nehmen sie Hagenbecks Tierpark, eine hanseatische Institution, da geht nun wirklich jeder mit den Lütten hin. Steht da bei den Zebras vielleicht: „Migrierte Tiere“ am Gehege?!“
„Sie haben recht, um das Ganze werden zu viele Worte gemacht.“
„Eben, hinten rum, das ist das Geheimnis von allem! Ich erzähl meinem Mann nie, wenn ich was Neues anschaffe und dann sitzt der daneben und merkt das nicht.“
„Aber Migranten sind ja keine Anschaffungen, Frau Schlosser.“
„Aber das ist das Konzept dieser überdrehten Linken, dass sie uns die als Bereicherungen verkaufen wollen. Sollen sie es doch geschickter anstellen und PR-Strategen mit einbeziehen, das würde zur heutigen Zeit passen. Der Kapitalismus kriegt doch sonst auch alles und jeden nachhaltig manipuliert. Dann würd’der Nazi am Ende im arabischen Scheichgewand rumlaufen, es lieben und seinen ganzen Unsinn vergessen. Der Straßen-Nazi ist und bleibt ein Dummerle, das muss man sich zunutze machen.“
Jasmin Ramadan ist Schriftstellerin in Hamburg. Ihr letzter Roman „Hotel Jasmin“ ist im Tropen/Klett-Cotta Verlag erschienen. In der taz verdichtet sie im Zwei-Wochen-Takt tatsächlich Erlebtes literarisch.
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