brief des tages
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Wie „fortschrittlich“ ist unsere Bestattungskultur?

„Ich war ein Mensch“, taz vom 30./31.3.19

Sicherlich klingen die vielfältigen Bestattungsmöglichkeiten zunächst wunderbar. Schließlich ist es faszinierend, wenn sich Verstorbene in einen Diamanten oder in ein Feuerwerk verwandeln. Das erscheint erst mal enorm innovativ sowie kreativ. Und natürlich spendet es den Trauernden Trost und hilft über den Verlust hinweg, dass der Verstorbene damit in gewisser Weise weiterlebt. Doch bei aller Euphorie über diese „fortschrittlichen“ Bestattungsformen sollte dennoch eine reflektierte und ausgewogene Meinung zu dem Thema vorhanden sein. Dabei sollte hauptsächlich über die Menschenwürde kritisch diskutiert werden. Im Vordergrund steht die Frage: Ist es moralisch vertretbar, dass ein Mensch (nach seinem Tod) zum Gegenstand wird? Der Aspekt der Versachlichung spricht ganz klar gegen aufklärerische, westlich zivilisierte Maßstäbe im Umgang mit Toten. Denn auch tote Menschen sind Menschen mit Würde und keine Sachen. Daher ist auch dieser vermeintliche gesellschaftliche Fortschritt ein Rückschritt, weil er kultivierten ethischen Wertvorstellungen im Umgang mit dem Tod eindeutig widerspricht. Julia Engels, Elsdorf