Gefährderansprache: Elterntaxis

Soll der Staat versuchen, Eltern davon abzubringen, ihre Kinder mit dem Auto zur Schule zu fahren?

Mit einer 12-tägigen „Verkehrssicherheitsaktion“ möchte die Schulbehörde seit Montag Eltern davon abhalten, ihre Kinder mit dem Auto zur Schule zu bringen.

Polizisten treten an die Eltern heran und bitten sie, „einen Schulweg zu Fuß ermöglichen“. Im Rahmen der Aktion werden die Eltern teils befragt, teils auf Hol- und Bringzonen hingewiesen.

ja,

wer seine Kinder mit dem Auto zur Schule bringt, tut das auf Kosten anderer Leute. Es ist legitim, dass er sich hierfür rechtfertigen muss.

Von einem Komitee von Elternvertretern, Polizisten und Kameras empfangen zu werden, mag unangenehm sein. Es ist aber aus Sicht des Gemeinwesens nur ein zahmer Versuch, eine Verhaltensänderung zu bewirken. Hier wird keiner verknackt oder verwarnt und interviewen lassen muss sich auch keiner.

Dem steht die Gesundheit und Zukunft der Kinder gegenüber. Eine Studie im Auftrag des ADAC zeigt, dass Kinder umso weniger gefährdet sind, je weniger Elterntaxis vor ihrer Schule halten. Laut Verkehrswacht tun Bewegung und frische Luft auf dem Fußweg den Kinder gut, macht sie sicherer im Verkehr und sozialisiert sie. Abgesehen davon schont jede vermiedene Autofahrt den Planeten.

Natürlich mag es Lebenslagen geben, die es quasi notwendig machen, ein Kind mit dem Auto zu bringen. Aber die lassen sich ja auch vermitteln. Das Kind mit dem SUV vorzufahren, damit es von den SUVs anderer nicht überfahren wird, ist dagegen pervers. Gernot Knödler

nein,

diese Aktion ist übergriffig. Im Blitzlicht der Medien treten Polizisten an Eltern heran, die ihr Kind zur Schule fahren. Sie werden gestellt, die Sache soll peinlich sein. „Das Beste“, feixte gestern ein Reporter, sei ein BMW-Fahrer, der direkt auf den Schulhof fuhr.

Die „Eltern-Taxi“-Kampagne, organisiert von einem Autoclub, eint die Volksseele. Motto: Schulwege von zwei Kilometern, das können die Kinder doch laufen, hat uns auch nicht geschadet. Nur: Alle übrigen Autofahrer lässt die Stadt in Ruhe.

Dabei sind Eltern von Schulkindern eh unter Druck. Es gibt keine stressigere Lebensphase.Die Vereinbarung von Kind und Job ist ein tägliches Kunststück.

Es mag 1.000 Gründe für die Autofahrt geben: Ein Kind fühlt sich nicht gut, Mama fährt morgens kleine Schwester eh zur Kita, oder es sind sechsspurige Straßen auf dem Weg.

Klar, ein Netz aus Schulen mit „kurzen Wegen“ für kurze Beine, und die möglichst autofrei, ist das Beste. Und nichts dagegen, wenn Verkehrslehrer mit Eltern den Schulweg besprechen. Vielleicht sind manche Ängste übertrieben. Aber das sollte im Einzeldialog passieren. Ohne Blitzlicht. Kaija Kutter