Tschüss, Siegel

LABEL Das Fairtrade-Siegel verschwindet immer weiter von den Verpackungen der Handelsorganisation Gepa, einem Branchenpionier in Deutschland

Die Gepa verzichtet seit Jahresbeginn zunehmend auf das bekannte Fairtrade-Siegel, lediglich einige wenige „Basisprodukte“ werden es auch in Zukunft weiter tragen. „Wir wollen die Marke Gepa ganz bewusst stärker in den Mittelpunkt stellen“, sagt Unternehmenssprecherin Brigitte Frommeyer. Alle Produkte, auf denen das Fairtrade-Siegel wegfällt, sind aber weiterhin nach den Kriterien von Fairtrade International zertifiziert. „Wir müssen uns stärker neben zahlreichen Mitbewerbern profilieren, die zunehmend auf den Markt drängen.“ Das Fairtrade-Siegel stehe für Mindestkriterien, die viele Gepa-Produkte aber noch übertreffen würden.

So werden dann auch die Verpackungen des Kern- und Premiumsortiments sukzessive mit dem hauseigenen „Fair+“-Zeichen ausgestattet werden. „Das Zeichen ist kein neues Siegel“, unterstreicht Frommeyer, „sondern soll bei Kunden Aufmerksamkeit für unsere Produkte erzeugen“ und verdeutlichen, dass die Produkte eben „mehr als nur fair gehandelt sind“. Zudem gehe es darum, „neue Produkte“ zu entwickeln, die es im Moment noch nicht im Fairen Handel gebe: etwa Kooperationen mit Biomilchbauern aus Bayern, die die Milch zum Biokakao aus Peru liefern. Denn auch deutsche Milchbauern „leiden darunter, dass keine angemessenen Preise gezahlt werden“.

Dass Gepa jetzt vor allem auf den eigenen Namen setzt, hat auch einen weiteren Nebeneffekt: Zwar trägt sie weiterhin die Kosten für die Zertifizierung ihrer Produkte, die Gebühren für das Transfair-Siegel entfallen aber. „Das Geld können wir jetzt ins Marketing stecken“, so Frommeyer. Außerdem investiere man unter anderem in CO2-Projekte wie Aufforstungen.

Diese Neuausrichtung stößt auf Kritik: Die Augustausgabe der Zeitschrift Ökotest bescheinigt zwar auch Gepa-Produkten die „höchsten Standards“. Zugleich, schränken die Tester ein, trage das Unternehmen aber mit zum „Label-Wirrwarr“ bei. Eine Kritik, der sich auch Saphir Robert von der Verbraucher Initiative e. V. anschließt: „Das Fairtrade-Zeichen ist eines der bekanntesten Siegel in Deutschland, an dem sich viele Verbraucher orientieren. Wenn das Fairtrade-Zeichen durch ein unternehmenseigenes Zeichen ersetzt wird, verwirrt das viele Verbraucher.“ Wichtig sei es, so die Referentin für Nachhaltigkeit weiter, „dass sich die Anbieter von Fairtrade-Produkten auf ein Zeichen konzentrieren, um den Fairen Handel nach vorne zu bringen“. Ähnlich argumentiert auch Claudia Brück, Geschäftsführerin des Vereins Transfair, der das Fairtrade-Siegel vergibt: „Der Faire Handel ist nach wie vor sehr klein, die Akteure müssen eng zusammenarbeiten.“

Für ihre Kunden, sagt Frommeyer, sei das fehlende Fairtrade-Siegel bislang kein nennenswertes Problem: „Wir hatten in den letzten Monaten zwar immer wieder Rückfragen, auf den Absatz hat sich das aber nicht negativ ausgewirkt.“ Komplett wird das Transfair-Siegel nicht von Gepa-Produkten verschwinden. Das preiswertere Segment mit Basisprodukten für „Einsteigerkunden“, die sich für fair gehandelten Kaffee, Honig oder Schokolade interessieren, wird auch weiterhin das Transfair-Siegel tragen. Verbrauchern, die den Fairen Handel noch nicht so gut kennen, will Gepa so eine „zusätzliche Orientierung bieten“.

VOLKER ENGELS