kurzkritik
Järvi dirigiert Beethoven

Der künstlerische Leiter der Deutschen Kammerphilharmonie, der Este Paavo Järvi, ist ein vielgefragter Dirigent. Von Anfang an war klar: Für das bremische Publikum bleiben da höchstens zwei Konzerte pro Jahr. Die aber haben’s in sich. Das jüngste Konzert in der Glocke endete mit stehenden Ovationen, das Orchester präsentierte sich nach der Sommerpause in einer geradezu wilden Verfassung, ohne dass dies auch nur ein einziges Mal auf Kosten der Genauigkeit ging. Ludwig van Beethovens selten gespielte Vierte Sinfonie – die Järvi auch schon bei seinem Einstandskonzert 2004 dirigierte – explodierte geradezu vor Spannung, ich kenne keinen Dirigenten, bei dem das Verhältnis von Ent- und Anspannung, von Ruhe und Explosion, von Lyrik und aufgepeitschter Dramatik so groß ist wie bei dem auch mimisch mitreißenden Järvi. „Magische Momente“ habe es gegeben, so sagte einst die Geigerin Beate Weis. Die gab’s zuhauf auch an diesem Abend, in dem die junge estnische Geigerin Baiba Skride mit traumwandlerisch schöner Tongebung Beethovens Violinromanzen zauberte und das Orchester mit zwei Humoresken von Jean Sibelius wieder einmal seine Begabung für Humor zeigte.

Ute Schalz-Laurenze