Urdrüs wahre Kolumne
: ER nun wieder!

Nach erfolgreich überstandener Operation und längerem Krankenlager pilgere ich nunmehr gen Köln, um dort nach dem Besuch der Heiligen Drei Könige im Dom anschließend auf dem Marienfeld den vollständigen Ablass für alle meine Sünden zu erhalten – soviel Ökumene muss schon sein nach dem jähen Ableben von Frère Roger in Taizé.

Im Stande dieser neuen Gnade werde ich den Hasspredigern aller Konfessionen künftig noch entschiedener gegenübertreten und vielleicht sogar Wunder wirken können, warten wir’s nur ab! Immerhin hat sich Unions-Schildkröte Bernd E. Neumann offenkundig endgültig aus der kämpferischen Ayatollah-Gilde verabschiedet und begnügt sich mit der Altersfreude darüber, dass so viele Internet-User sein „teAM Zukunft“ per Mausklick unterstützen. Schon mal kontrolliert, ob die Links irgendwelcher Detekteien oder Sexclubs in Bremen-Nord daran ihren Anteil haben? „Get my horny pics for free!“

Wer immer als Jungfilmer so markante Knallchargen wie den dixiejazz-spielenden Zahnarzt, den bejahrten Szenegastronomen, den liberalen Apotheker, den Trödelmarkthändler oder die rüstige Witwe dreier oder vierer Millionäre mit rosa Stirnband besetzen will, dem empfiehlt sich für das Casting der Besuch des automobilen Oldtimertreffens heute auf dem Verdener Rathausplatz. Denn dieser universelle Indiviualisten-Typus ist es gemeinhin, der da mit Schiebermütze, karierten Sakkos und hängendem Schnurrbart durch Fußgängerzonen eiert und beim Brunch im allgegenwärtigen Ratskeller mit verklärtem Pathos vom unglaublichen Charme der rollenden Legende faselt. Man muss denen nicht mal Gage löhnen, in ihrer brünftigen Eitelkeit und Technik-Obsession zahlen die eher noch dazu. Aber immerhin: harmlose Irre – und für Lurch und Frosch längst nicht so gefährlich wie die Freizeitskipper mit Netzhemd und Prinz-Heinrich-Mütze auf der Wümme.

Und auf der Bürgerweide ist heute ER! da, mit den ersten Zelttagen der Bremer Christus-Gemeinde und als leibhaftigen Schirmherrn hat ER den Henning Scherf gerufen und es wird keineswegs trocken und verstaubt zugehen, sondern unglaublich locker und „mit keineswegs nur sakralen Liedern“. Ein irres Angebot – und doch empfehle ich heute um 19 Uhr die heldenhafte Nopop-Revue „Die Dorfmusik kommt zurück“ mit Jonny Glut und den Stehpissern beim Viertelfest am Ulrichsplatz. Mit sowas könnte vermutlich die dringend gebotene geistig-moralische Erneuerung aus dem Sumpf der bitterblöden Vision Parades beginnen, die doch nur dafür sorgen, dass der Bremer Bettelstab immer krummer wird.

Endlich mal wieder in Iburgs Wurstpavillon am Waller Ring, und natürlich darf es wieder mal das leckere Frikadellenbrötchen sein, mit so viel Senf extra drauf, dass die blondtoupierte Kundin um 40 neben mir einigermaßen anzüglich anmerkt: „Jaja, gelobt sei, was scharf macht und geil sowieso!“ Wie kriegen es manche immer nur hin, ihre Mitmenschen an den wirklich empfindlichen Stellen zu treffen?

Woher nehmen die bremischen Hof- und Staatsschauspieler eigentlich immer wieder die souveräne Frechheit, sich just nach frisch aufgedeckten Zustechereien wie eben jetzt im Fall des ewigen Sozialschmarotzers Zech erneut um milde Gaben zur Fortsetzung ihrer Vetternwirtschaft anzustellen? Merke: der Verlust jedes Schamgefühls ist ein untrügliches Symptom für Schwachsinn!

Bei einem Straßenfest in Hannover wurden die Kinder zu einem Wettbewerb im Freestyle-Rappen aufgefordert und eine plietsche Deern um 12 brachte immerhin diesen Reim zustande: „Ossi-Merkel / ist ein echtes Ferkel. / Und der Schröder / noch viel blöder“. Dass die Publikums-Jury davon nicht ganz unbeeindruckt blieb, vermutet jedenfalls

Ulrich „Rilke“ Reineking