piwik no script img

Kolumne HenningwayDiesen Move kann keiner stoppen

Nach 21 Jahren bei den Dallas Mavericks und weit über 30.000 Punkten dort: Der große Dirk Nowitzki spielt am 10. April zum letzten Mal.

Groß und lieb, konzentriert und leidenschaftlich: Dirk Nowitzki bei einem seiner letzten Spiele Foto: dpa

D ie Magnet Bar in Berlin-Mitte ist ein Ort, um Fußball zu schauen. Jetzt, weit nach Mitternacht, ist sie proppenvoll. Es ist so, als ob Deutschland um etwas ganz Großes kicken wird. Aber es ist Basketball. Es ist die NBA. Es ist wegen Dirk. Es ist der 13. Juni 2011, Dallas und Dirk gewinnen die Meisterschaft. Ich weiß noch, wie ich im Morgengrauen nach Hause geschlendert bin.

Was fällt dir zu Dirk Nowitzki ein? Das frage ich knapp acht Jahre später alle, die ich treffe. Ich sehe eine gewisse Dringlichkeit, denn es spricht vieles dafür, dass der Große Dirk am 10. April in San Antonio zum allerletzten Mal spielen wird. Nach 21 Jahren bei den Dallas Mavericks, nach weit über 30.000 Punkten dort, einer gewonnenen Meisterschaft, MVP-Wahl, 14-mal Allstar-Sein, nach Olympischen Spielen und der Vize-Europameisterschaft mit der Nationalmannschaft. Freundlich und zufrieden gucken sie, alle, wirklich alle, bevor sie auf meine Frage antworten. Sie schauen so, als ob sie gleich ihren besten Freund beschreiben würden.

Dirk Nowitzki ist bescheiden, sagen sie, und anständig! Er ist sympathisch und er­folgreich. Ein guter und ein cooler Typ ist er. Und fast alle sagen, als ob darin die ganze Wahrheit über Dirk Nowitzki läge: bodenständig ist er. Bodenständig? Wann habe ich ­dieses Wort zum letzten Mal gehört? Bodenständig klingt wie Bohnerwachs und Frau Holle.

Dirk Nowitzki ist bodenständige 2,13 Meter groß. In den USA wird man exakt mit dieser Größe zum „7 Footer“. Als ich 1997 zum Ende meiner aktiven Zeit als Spieler bei einem Lehrgang der Nationalmannschaft erstmalig und einmalig mit ihm, dem damals 19-Jährigen, auf einem Spielfeld stand, da guckte ich zwei Köpfe hinauf und dachte mir, der ist ja echt groß. Ich weiß noch, wie ich dann, als ich ein paar Minuten gegen ihn gespielt hatte, dachte, wow, den kann ich nicht verteidigen, der ist nicht nur groß.

Henning Harnisch

Der Autor ist ehemaliger Basketballnationalspieler und Vizepräsident von Alba Berlin

„7 Footer“ waren vor Dirk im Basketball die dicken Viecher, die sich von Korb zu Korb in die Zone schleppten und auf den Namen Center hörten. Bis Dirk kam. Im Netz habe ich einen Zusammenschnitt von allen erfolgreichen Offensivaktionen Dirks aus der Finalserie 2011 gegen Miami gefunden. Eine halbe Stunde lässt sich beobachten, wie gut er ist. Wie unfassbar gut er ist!

Dieser nicht zu stoppende Wurf, von oben an der Dreierlinie, von links, von rechts, diese weiche Hand, diese gemalte Flugkurve, diese Finten vor dem Wurf, wie er gerade gegen den Gegner hoch in den Wurf steigt oder im Rückwärtsfallen wirft, auf einem Bein stehend, dem linken, dieser – sorry, das sagt der Amerikaner so viel schöner – „one-footed Fadeaway“, dieser „Signature-Move“ von ihm, den niemand stoppen konnte und den jetzt alle machen.

Sie verzweifeln an ihm

Es ist zu sehen, wie alle wissen, dass er es ist, um den es geht. Wie er damals sogar ab und an zum Korb gezogen ist, weil es manchmal sein musste; wie energisch er das tut, mit der linken Hand sogar! Wie der Gegner alles versucht, ihn aber nicht stoppen kann. Wie sie an ihm verzweifeln.

Ich hatte fast vergessen, wie gut er war. Wie konzentriert, kontrolliert und fokussiert. Wie leidenschaftlich dabei! Es sieht nicht leicht und einfach aus, was er macht und wie er es macht. Gerade deswegen ist es so schön, denke ich, weil man sieht, dass es ihm, diesem staksigen Riesen, Spaß macht, was er sich über die Jahre erarbeitet hat und jetzt im Wettkampf auf höchstem Niveau zeigen kann. Das Video zeigt ihn, isoliert. Was es nicht zeigt: dass er das mit und für das Team tut. Dirk ist ein Mannschaftsspieler.

Ich frage meine Tochter Nina, die fast 16 Jahre alt ist, was ihr zu Dirk Nowitzki einfalle? Groß und lieb, sagt sie.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!