Der Wochenendkrimi
: Der Bär auf dem Eis

„Tatort: Erfroren“, So., 20.15 Uhr, ARD

Liebe ist kälter als der Tod: Dieser Kölner „Tatort“ gibt die Niederungen der Eiskunstlaufszene zur Besichtigung frei, in denen liebende Mütter ihre Töchter aufs Eis peitschen und mit frostigem Atem Sponsoren zu gewinnen versuchen. Stefan Müller hat diese Sucht nach Ruhm am eigenen Leib erfahren: Der Mentor und Preisrichter wurde im Stadion niedergeschlagen und erfror dann über Nacht auf dem Eis. Ilona Hinze (Gabriela Maria Schmeide), eines der ehrgeizigen Muttertiere, hätte ein gutes Motiv für den Mord. Bei genauerer Betrachtung tut sich Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) allerdings ein kompliziertes Geflecht aus sexuellen, ökonomischen und interfamiliären Abhängigkeiten auf.

Zum Thema Familie und Gewalt hat Regisseur Züli Aladag, einer der subtileren Stilisten des jungen deutschen Films, bereits vor zwei Jahren einen WDR-„Tatort“ gedreht: „Mutterliebe“ war ein formvollendetes Familienporträt, in dem das Ungeheuerliche unter der kalt glänzenden Oberfläche auf den Ausbruch wartete. Mit „Erfroren“ kann Aladag leider nicht ganz an die Radikalität seines „Tatort“-Debüts anknüpfen. Dass er neben den Autoren Stephan Brüggenthies und Patrick Gurris noch Credits für die „Buchbearbeitung“ bekommt, darf als Indiz dafür gewertet werden, dass es vor Dreh Diskussion über die Ausgestaltung gegeben hat. Auch die kunstvolle Titelsequenz, die mit ihrem kühlen Blau und ihrer geschmeidigen Kameraarbeit auf das Thema einstimmt, kann nicht von gelegentlichen Schwächen ablenken: Ein paar der Figuren sind flach geraten, Konflikte werden arg halbherzig angerissen – und ebenso halbherzig gelöst. So muss Kommissar Ballauf ständig mit dem väterlichen Charme von Balu dem Bären übers Eis tapsen, um bulimiegefährdete Eiskunstmädchen aus den Pranken ihrer geltungssüchtigen Mütter zu befreien. C. BUSS