Türkei: Die PKK legt für einen Monat die Waffen nieder
: Eine Chance für eine politische Lösung

Seit gestern gibt es einen Hoffnungsschimmer, die blutige Attentatserie, die die Türkei in den letzten Monaten erschütterte, mit politischen Mitteln zu beenden. Denn anders als der Terror der islamischen Fundamentalisten sind die Attentate kurdischer Extremisten Teil einer Auseinandersetzung, die auf eine politische Lösung geradezu wartet.

Als die PKK Mitte letzten Jahres nach einem mehrjährigen Waffenstillstand ihre Anschläge und Bombenattentate in der Türkei wieder aufnahm, verfolgte sie damit nicht mehr das Ziel eines kurdischen Staates. Die PKK wollte und will sich vielmehr an den Verhandlungstisch mit der Regierung in Ankara bomben, hauptsächlich mit dem Ziel, für die eigenen Kader eine politische Lösung – sprich eine vollständige Amnestie – zu erzwingen.

Wiederholt hatten in den letzten Wochen zivile Organisationen klargestellt, dass die PKK mit ihren Attentaten vor allem der kurdischen Bevölkerung schadet. Die Südosttürkei, nach Jahrzehnten des Ausnahmezustandes endlich auf dem Weg der Normalisierung, droht sich erneut in eine Kriegszone zu verwandeln. Deshalb hat eine Koalition kurdisch-türkischer Intellektueller die PKK wiederholt aufgerufen, die Waffen niederzulegen und einen bedingungslosen Waffenstillstand zu erklären – als Voraussetzung für eine politische Lösung.

Darauf hat die PKK nun gestern Bezug genommen. Zwar lediglich für einen Monat, aber ansonsten ohne weitere Vorbedingungen, will sie die Waffen ruhen lassen. Allein deswegen wird die türkische Regierung sicher keine Gespräche mit der PKK führen. Möglich wäre aber, dass Premier Erdogan den begonnenen Dialog mit kurdischen Intellektuellen und eventuell der neuen kurdischen Sammlungsbewegung unter Leyla Zana fortsetzt, wenn diese sich glaubhaft von der PKK distanziert.

Beide Seiten haben großes Interesse daran, dass es in den kurdischen Gebieten nicht zu einer weiteren blutigen Eskalation kommt. Niemand will den Krieg zurück, und alle hoffen auf eine weitere Annäherung der Türkei an die EU. Am Ende dieses Prozesses könnte dann auch eine Amnestie für fast alle PKK-Mitglieder stehen. JÜRGEN GOTTSCHLICH