Jörg Sundermeier sichtet die soziale Bewegung in der Stadt

Heute Abend wird im Büro der Naturfreundejugend über die neuen Mitgliedsausweise gesprochen, für die die Krankenkassen derzeit Fotos von ihren Mitgliedern einfordern. Dass diese Fotos dazu dienen, einem diffusen „Missbrauch“ entgegenzuwirken, wie die Kassen behaupten, liest sich leicht, doch Wolfgang Linder, ehemaliger stellvertretender Datenschutzbeauftragter Bremen, der jetzt für das Komitee für Grundrechte und Demokratie arbeitet, zeigt in seinem Vortrag auf, dass es da noch ganz andere Interessen der Datensammler gibt. Morgen wird im Kreuzberger Familiengarten über neue Reproduktionstechnologien gesprochen und über die Frage, wie diese Gesellschaft mit unerwünschten Kindern, vor allem mit gehandicapten Föten, umgeht. Diese Frage findet im Rahmen der Gegenproteste gegen den sogenannten „Marsch für das Leben“ am 22. September statt. Die GegenprotestiererInnen befürworten ja eigentlich grundsätzlich das Recht auf Abtreibung, sehen aber sehr wohl das Problem, dass die Pränataldiagnostik die Möglichkeit zur Euthanasie geschaffen hat – und die Abtreibung von wahrscheinlich gehandicapten Kindern auch von vielen AbtreibungsgegnerInnen eher befürwortet wird. Eine Kontroverse ist zu erwarten. Am Donnerstag geht es im K-Fetisch, ebenfalls in Vorbereitung auf den 22. September, um die Ideengeschichte des Atheismus, und hoffentlich wird das Thema dabei nicht gänzlich kritiklos affirmiert. Denn die AufklärerInnen im Namen des Unwunderbaren sehen leider oft die Dialektik der Aufklärung nicht, was sie zuweilen zu stumpfen Technokraten werden lässt, etwa in der Euthanasiefrage. Am Freitag schließlich ist Geschichtsstunde im Festsaal Kreuzberg, die linke Politik im Osten, die nach dem Fall der Mauer praktiziert wurde, soll hier einer kritischen Würdigung unterzogen werden.

■ Mitgliedsausweis: Naturfreundejugend, Weichselstr. 13, Mo, 19 Uhr

■ Reproduktion: Familiengarten, Oranienstr. 34, Di, 19 Uhr

■ Atheismus: K-Fetisch, Wildenbruchstr. 86, Do, 19.30 Uhr

■ Linke Politik: Festsaal Kreuzberg, Skalitzer Str. 130, Fr, 19 Uhr