wortwechsel
: Wie viele tote Radfahrer dürfen es denn sein

Straßenverkehr ist Hölle – egal für wen. Aber nix wird daran geändert. Ist das so wegen der Autolobby? Und warum findet keine echte Inklusion statt, obwohl die UN das fordern?

Weißes Rad statt weißes Kreuz Foto: Bernd Friedel/imago

Der Wert des Radlers

„Radeln auf dem Todes­streifen“, taz vom 19. 3. 19

Die Fixierung auf reine Todes­opfer im Straßenverkehr ist auch ein Blick durch die rosarote Autofahrerbrille. Verletzte im Straßenverkehr sind unterschiedlich zu bewerten. Verletzte im innerstädtischen Bereich sind in Autos vornehmlich Leichtverletzte, dank Airbag, Sicherheitsgurt, ABS etc. Um für eine Woche eine Halskrause zu tragen und Mitleid bei den Mitmenschen zu schinden, ist das ausreichend.

Bei Radfahrern und Fußgängern sieht dies anders aus. Knochenbrüche, Schnitte und Quetschungen und damit oftmals irreparable Schäden physischer und psychischer Art sind die Folgen. Soll ich mich wirklich freuen, wenn ich im Rollstuhl sitze, ab Halskrause abwärts gelähmt, und nicht tot bin? Laut taz-Nord vom selben Tag wurde ein Lkw-Fahrer zu acht Monaten auf Bewährung verurteilt, weil er einem 14-Jährigen die Vorfahrt genommen hat und ihn dabei tötete. Dieses Urteil sagt alles über den Wert eines Radlers aus.

Arne Matschinsky, Hamburg

Vorbild Holland

„Rad ab“, taz vom 19. 3. 19

Das Beispiel Holland für Radfahrer ist sehr gut, aber für deutsche Verhältnisse unmöglich durchzubekommen. Auch in anderen Ländern (mit Ausnahme Italien) wird allgemein viel ruhiger gefahren als bei uns. Mit genereller Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 auf der Autobahn, bei Nässe nur 110. Da werden unreife Jungs mit viel PS und wenig Verstand bald aus dem Verkehr gezogen.

In Deutschland steht nicht die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer an erster Stelle, sondern die Wünsche der Autolobby haben Vorrang. Und schon ist der nächste Aufsichtsratsposten wieder gesichert. So geht Demokratie in Deutschland.

Wenn aber irgendwo ein Wolf gesehen wird, der von sich aus nie einen Menschen angreifen wird, gibt es landesweit großes Geschrei, und es muss geschossen werden. Täglich werden auf unseren Straßen viele Menschen, auch Kinder, totgefahren. Außer den unmittelbar Beteiligten interessiert das kaum jemanden.

Manfred Hennecke, Olsberg

Radler, was tun?

„Radeln auf dem Todesstreifen“, taz vom 19. 3. 19

Was nun zur persönlichen Vorbeugung nach all den traurigen Ereignissen beim Radeln: An Kreuzungen schaue ich mich um, so weit das geht. Ist hinter mir ein 40-Tonner, den höre ich und sehe diesen im Spiegel und bleibe auf Abstand. Diese schweren langen Lkws ohne Beifahrer*in gab es noch nicht, als einst schmale Straßen erbaut wurden. In der 30-kmh-Zone fahre ich zügig mit dem Rad. Kürzlich überholte mich links ein übermotorisierter Kleinwagen mit circa 45 kmh; dabei befuhr er halbseitig den Sandgehweg, weil die rechte Fahrspur zugeparkt war. Diese kleinen Flitzer sehe ich eh kritisch, weil kein Volumen für Transportzwecke, aber in wenigen Sekunden vom Stand auf 50 kmh beschleunigen.

Autorennen werden in den ARD-Nachrichten als Sport bezeichnet; dass darüber berichtet wird, ist wohl als Werbung für die deutsche Kfz-Industrie zu verstehen. Auch fehlt da der Hinweis: „Schnelles Kfz-Fahren kann süchtig machen!“ Beim Radsport – mit circa 80 Kilo Gesamteigengewicht – ist das bedeutend weniger gefährlich. Helm und Handschuhe gehören dazu. Joachim Geier, Hamburg

Höchste Anerkennung

„Deutsches Uran für die Welt“, taz vom 21. 3. 19

Dank und meine höchste Anerkennung für diesen Artikel. Ich bin sehr beeindruckt von der peniblen Recherche bis an die Haustür des mysteriösen Andreas Kronenberg. Sie offenbart die Verstrickung von Industrie und Politik. Mit krimineller Energie werden demokratische Prozesse torpediert, um finanzielle Gewinne zu verteidigen – zulasten von Umwelt, Sicherheit, Gesundheit und Frieden, ohne Rücksicht auf atomare Katastrophen, die in unserer zunehmend instabilen Welt immer wahrscheinlicher werden. Der Artikel zeigt, wie wichtig eine freie Presse und wie wichtig die Arbeit der Bürgerinitiativen für uns ist. Anita Schwaier, Oberursel

Der „behinderte“ Mensch

„Hochkritische Entwicklung“, „Opposition klagt für Stimmrecht behinderter Menschen“, taz vom 21. 3. 19

Das Land Niedersachsen hat erst am 28. Februar als letztes Bundesland einen Aktionsplan zur UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) beschlossen und in Kraft gesetzt. Außerdem hapert es mächtig mit der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG), welches unter anderem auf der UN-BRK fußt. Erforderlich sind zum Beispiel Erlasse von Verordnungen zu dessen Umsetzung. Hier müssen Teilhabekonferenzen zur Ermittlung des Unterstützungsbedarfs „behinderter Menschen“, die nicht mehr kategorisiert werden sollen in geistig-körperlich und seelisch (psychisch) behindert, abgehalten werden. Durchgeführt werden sollten diese von den zuständigen Trägern der Sozialhilfe. Funktioniert aber nur in wenigen Bundesländern. Wenn nun der Bedarf an Begleitung und Unterstützung wie gehabt noch immer in einem „Hilfeplangespräch“, dominiert vom Kostenträger, ermittelt wird, bleibt es nicht aus, dass der „behinderte“ Mensch weiterhin dort verbleibt, wo er die ganze Zeit lebte: in Heimen, beschäftigt in oft dazugehörigen Werkstätten.

Für die Erbringer der Leistungen eine sichere Bank, denn die Heime und Werkstätten müssen schließlich rentabel sein. Ergo: In Deutschland sind wir weiter weg vom Ziel einer „inklusiven Gesellschaft“ denn je! Für die erwachsenen Betroffenen gibt es außerhalb der Werkstätten keine Arbeit, Bürgerarbeit und 1-Euro-Beschäftigungen, vorrangig für ALG-II-Bezieher, sind zumeist gestrichen, da ist für „Behinderte“ eh kein Platz. Und in der „freien Wirtschaft“ hat sich hinsichtlich Beschäftigungsquote für Menschen mit Einschränkungen nichts getan.

Ebenso verfehlt ist eine Politik, welche eingeschränkte Kinder in die Regelschule zwingt, nur um so „Inklusion“ zu betreiben, gleichzeitig aber entweder Lehrer mit entsprechenden Befähigungen fehlen, „normal“ ausgebildete Pädagogen in zu großen Klassen, unter Umständen mit deutlichem Migrantenanteil in der Schülerschaft, die „Quadratur des Kreises“ üben müssen. Ich behaupte, dass auch die „freien Verbände der Wohlfahrtspflege“ hier nicht gerade als „Vorreiter“ der Inklusion in Erscheinung treten. So sind Betroffene wie bisher auf lautstarke Unterstützung durch Dritte angewiesen, um gegen die fortwährende Bevormundung, nachweisliche Benachteiligung und nicht nachvollziehbare Verwaltungsakte zu kämpfen. Thomas Schwarz, Riegelsberg

Bezeichnend

„Unbreak my Hartz – endlich sanktionsfrei“, taz vom 19. 3. 19

Dass die Auswirkungen der Sank­tions­maßnahmen im Zuge des Hartz-Reglements nun von privater Seite in einer Studie erforscht werden, wirft ein bezeichnendes Licht auf die politische Organisation. Da hätte es doch einem Gesundheitsminister gut zu Gesichte gestanden, selbst solch eine Studie in Auftrag zu geben; das wäre wesentlich angemessener gewesen, als eine Studie über eventuelle Auswirkungen von Schwangerschaftsabbruch. Helga Schneider-Ludorff, Oberursel

Schwierige Schreibweise

„Wir. Dienen. McKinsey“, taz vom 21. 3. 19

Wenngleich mir der Inhalt Ihrer Artikel häufig gefällt und eine wichtige Perspektive im deutschen Blätterwald einnimmt, macht mir Ihre Schreibweise das Lesen nahezu unmöglich. Beamte als BeamtInnen oder Berater als BeraterInnen zu schreiben, ist eine Verunglimpfung der Sprache und hat nichts mit Emanzipation und Nichtdiskriminierung zu tun. Emanzipation fängt da an, wo sich Geschlechter respektieren und um ihre individuellen und auch geschlechtlichen Spezifika wissen und diese schätzen.

Frank Hendriks, Düsseldorf