DAS FRÄULEIN AUSFÜHREN
: Alles für die taz

„Adresse?“, fragt er. „Der Fenstertisch!“

„Alles für die taz!“, sagt sie und spielt damit auf ein kleines Haustier an, welches oftmals gestreift oder gescheckt anzutreffen ist, manchmal auch mit einer kleinen Glocke um den Hals. Mein innerer Kritiker zollt ihr Respekt für dieses Wortspiel.

Das Fräulein ist sauer, weil draußen die Sonne scheint und ich vor der Tastatur sitze, statt sie beim Flanieren oder sonstigen abartigen Dingen, die der kommunikative Mensch für sich entdeckt hat, zu unterstützen. Doch wer Wortspiele sät, wird Wortspiele ernten. „Liebes, ich hab doch trotzdem noch amouröse Geflügel für dich,“ versuche ich die Situation zu beruhigen, „und obendrein wär ich schon lange fertig, wenn du nicht dauernd nerven würdest!“ Am anderen Ende der Leitung ist es jetzt still. „Pass auf, wir treffen uns um halb neun in dem vietnamesischen Reservat, ich restaurier ’nen Tisch, okay?“

Findet sie aber gar nicht lustig oder will es nicht lustig finden. Sie murmelt unverständliches Zeug und legt auf. Als ich mit nur 30 Minuten Verspätung auftauche, schmollt sie immer noch. Außerdem lässt der Kellner sie links liegen, was ihre Stimmung nicht verbessert. Auf dem Tisch liegt eine Visitenkarte des ebenfalls nach Hause liefernden Restaurants, also Handy raus und da angerufen. Der Kellner eilt an den Tresen und hebt ab. „Guten Tag, wir würden gern bestellen!“ – „Adresse?“ fragt er. „Der Tisch am Fenster!“, antworte ich. „Mit der jungen Dame, die seit einer halben Stunde nicht bedient wird.“ Das verwöhnte Ding zu meiner Linken perfektioniert ihr Pokerface. Ohne jegliche erkennbare Regung macht sie deutlich, dass sie gehen möchte.

Am nächsten Tag fragt sie mich, ob ich denn gestern wenigstens erfolgreich gewesen sei und was ich eigentlich geschrieben hätte und ob es sich gelohnt hätte, dafür einen Nachmittag mit ihr sausen zu lassen. „Uninteressantes Zeug!“, antworte ich, „alles für die taz!“ JURI STERNBURG