piwik no script img

Jetzt sperrt Italien auch heimisches NGO-Schiff aus

Innenminister Salvini blockt italienische Flüchtlingshelfer mit 49 Menschen an Bord ab

Aus Rom Michael Braun

Wieder einmal nähert sich ein Flüchtlingsschiff der italienischen Küste, und wieder einmal inszeniert Innenminister Matteo Salvini seine Abwehrschlacht gegen Migranten. Am Montagabend rettete die „Mare Ionio“ der italienischen Organisation Mediterranea Saving Humans etwa 40 Meilen vor der libyschen Küste 49 Menschen, unter ihnen 12 Minderjährige, aus Seenot und steuerte dann die Insel Lampedusa an.

Salvini reagierte hierauf mit einer weiteren Verschärfung seiner seit Sommer 2018 verfolgten Politik der „geschlossenen Häfen“. Anders als in vorherigen Fällen nämlich erfolgte die Rettungsaktion nicht durch eine ausländische NGO, lief das Schiff nicht unter ausländischer Flagge, war deshalb der Weg nicht gangbar, die anderen EU-Staaten unmittelbar in Mithaftung zu nehmen. Noch am Montag also verfügte Salvinis Ministerium gleich die komplette Schließung der italienischen Hoheitsgewässer für das Schiff. In der Anordnung heißt es, die italienischen Küsten seien „nicht die einzigen“, „libysche, tunesische und maltesische Häfen können angemessene logistische und medizinische Unterstützung gewährleisten“.

Doch das Ministerium geht noch einen Schritt weiter und erklärt den Transport der Flüchtlinge Richtung Italien umgehend zum Verbrechen, das „in Verletzung der internationalen Normen des Seerechts“ erfolge: „Die Passage des Schiffs in italienischen Territorialgewässern verletzt die Sicherheit des italienischen Staats, da sie darauf zielt, irreguläre Migranten hineinzubringen, die keine Personaldokumente haben und zum Teil aus Staaten mit Terrorismusrisiko stammen.“ Damit wird a priori ein neuer Rechtsstandpunkt geltend gemacht, wonach Rettungsschiffe unter keinen Umständen Italien anzusteuern haben.

Dennoch lief die „Mare Ionio“ am Dienstag Lampedusa an. Der Kapitän berief sich auf Notstand an Bord, da es mit drei Meter hohen Wellen zu kämpfen habe. Gut eine Meile vor der Insel wurde das Schiff von einem Boot der italienischen Finanzpolizei aufgefordert, vor Anker zu gehen; unmittelbar darauf begaben sich Beamte der Finanzpolizei an Bord, während einer der Flüchtlinge mit Verdacht auf Lungenentzündung an Land gebracht wurde.

Während der Bürgermeister von Lampedusa, Totò Martello, wissen ließ, die Flüchtlinge seien auf der Insel willkommen, erklärte Salvini weiterhin, er werde der „Erpressung“ nicht nachgeben. Mit den Worten „Verhaftet sie!“ heizte er die Stimmung gegen die NGO weiter an.

meinung + diskussion Seite

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen