FALAFEL IN DER U-BAHN
: Einer zu viel

Die haben Dill reingemacht. Was soll das?

Falafel und Yorckstraße gehören bei mir zusammen wie Ayran-Becher-Öffnen und Sich-voll-Spritzen. Wenn ich am S-Bahnhof Yorckstraße vorbeikomme, gehe ich zum Dönermann und bestelle einmal Falafel mit Kräuter, scharf und mit allem. Meistens habe ich mein Fahrrad dabei und setze mich dann irgendwo zum Essen in die Sonne, aber heute regnet es und ich husche einfach schnell in die U-Bahn rein. Beim Einsteigen bleibe ich an der Tür stehen, lehne mich an und esse. Irgendwas ist heute anders. Die haben da Dill rein gemacht. Was soll das? Dill soll auf Kartoffeln oder an Schmorgurken oder was weiß ich, aber im Falafel? Na ja.

Mir gegenüber sitzt ein alter Mann auf einem der Ausklappsitze in der Ecke. Er hat große lange Ohren und Augen wie ein Bernhardiner, aber ein ganz alter und unglücklicher. Er guckt mich irgendwie so mittelmäßig schockiert an, dann holt er ein Taschentuch raus und hält es sich vor Nase und Mund. Wieso? Egal. Ich esse weiter. Schmeckt eigentlich trotzdem gut, auch mit dem Dill. Der Alte guckt mich so von schräg unten vorwurfsvoll an. Mag er keinen Dill? Die U-Bahn fährt Möckernbrücke ein, der Mann steht auf und steigt aus. Ich gucke ihm hinterher, er wechselt tatsächlich in den nächsten Wagen und nimmt das Taschentuch vom Mund. Komisch. Wahrscheinlich mag er wirklich keinen Dill. Aber man kann es ja nie allen recht machen.

An meiner Zuhausestation steige ich aus und gehe zum Supermarkt. Davor steht eine Frau, die gerade ihr Fahrrad mit Einkäufen vollpackt, daneben ihre kleine Tochter. Die Tochter will hoch in den Kindersitz. „Nein“, sagt die Mutter. Das Mädchen macht ein Quengelgeräusch. „Möööh!“ „Ihr passt da nicht beide rein, das Katzenstreu und du. Du musst jetzt mal laufen.“ Ja, denke ich, es ist nie genug Platz für alle.

MARGARETE STOKOWSKI