: Wolf bald selber Opfer
Debatte um Abschuss vermeintlich gefährlicher Wölfe verschärft sich. Schutzmaßnahmen werden erhöht
Von Sven-Michael Veit
Ein Runder Tisch im schleswig-holsteinischen Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) soll am Freitag über den Umgang mit Wölfen im Land beraten. Das übergeordnete Umweltministerium und das LLUR wollen mit Jägern, Viehhaltern und Umweltverbänden das weitere Vorgehen nach den in jüngster Zeit vermehrten Nutztierrissen durch Wölfe abstimmen.
Am Mittwoch stellte das Umweltministerium Pläne zur Verbesserung des Herdenschutzes und zur Erweiterung des Wolfsmanagements vor. So sollen in Gebieten, in denen Wölfe fest leben, dauerhafte Herdenschutzzäune zunächst bei großen oder besonders gefährdeten schafhaltenden Betrieben vom Ministerium finanziert werden. Zudem sollen weiterhin mobile und temporäre Herdenschutzpakete an Schafhalter kostenfrei verliehen werden. Bestehen blieben auch die Ausgleichszahlungen bei Rissen, versicherte Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne).
Vor zwei Wochen hatte er verfügt, dass der Wolfsrüde GW924m im Kreis Pinneberg abgeschossen werden darf. Der Einzelgänger wird für etliche Angriffe auf Nutztiere verantwortlich gemacht, auch hinter Wolfsschutzzäunen. In so einem Fall sei der „ausnahmsweise Abschuss dieses Wolfes erlaubt“, sagte Albrecht.
Der Naturschutzbund in Schleswig-Holstein trägt das Vorgehen mit. „Für die Art ist es besser, wenn einzelne Tiere nach strenger Prüfung der Umstände entnommen werden, bevor eine Stimmung aufkommt, alle Wölfe zu töten oder zu vertreiben“, sagte Nabu-Landesgeschäftsführer Ingo Ludwichowski. Der BUND will nun doch keine rechtlichen Schritte gegen das Todesurteil einleiten. Es seien bei der Entscheidung „keine offensichtlichen rechtlichen Mängel festzustellen“, erklärte Landesgeschäftsführer Ole Eggers am Mittwoch nach einer Vorstandssitzung. „Das ist wohl eine zulässige Ermessensentscheidung.“
Nach Angaben des Umweltministeriums wurden seit der Rückkehr des Wolfs im Jahr 2007 bis Anfang Januar insgesamt 98 Attacken auf Schafe, Kälber und Ponys registriert. „75 der nachgewiesenen Wolfsrisse stammen aus dem Jahr 2018“, sagte Ministeriumssprecher Joschka Touré.
In Niedersachsen will das Verwaltungsgericht Oldenburg möglichst bald über das Schicksal des Wolfsrüden „GW717m“ entscheiden. Das Umweltministerium hatte Ende Januar eine Sondergenehmigung für dessen Abschuss erteilt. Der „Freundeskreis freilebender Wölfe“ hat dagegen Klage erhoben. Dem Leitrüden des sogenannten Rodewalder Rudels im Landkreis Nienburg sind Nutztierrisse genetisch nachgewiesen worden, darunter auch Rinder, Alpakas und Ponys. Auch er überwindet angeblich wolfssichere Elektrozäune.
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