SOUNDTRACK

Die Frau ist vielen noch gut bekannt durch ihre federführende Mitarbeit bei Die Braut haut ins Auge, einer veritablen Hamburger Rockband auf der genauso schmutzigen wie schlauen Seite der heute vielgeschmähten Hamburger Schule. Mit dem Ende der Band begann im Jahr 2000 die Zeit der Projekte, in der zum Beispiel unter dem Namen Bernadette La Hengst mittlerweile vier Alben mit im allerweitesten Sinne elektronischer Popmusik entstanden sind. „Integrier mich Baby“ – so der Titel der neusten Platte –, das klingt programmatisch ironisch und ist wohl auch genauso gemeint. Musikalisch verfolgt La Hengst auf ihr das bereits eingeführte (und weiter verfeinerte) Prinzip, mit möglichst vielen zumeist gut bekannten Gastmusikern eine sich an Stilgattungen nicht weiter aufhaltende, schön eklektische Mischung aus Soul, Elektro und Chansonhaftem anzurichten. Inhaltlich hat der Hang zu einer Art Neo-Agit-Prop ebenfalls eher zu- als abgenommen. Verhandelt wird die Frage der Integration entlang sozialer und politischer Dimensionen, wobei insbesondere die Kategorien Körper und Gender im Vordergrund stehen. Und es geht bei all dem natürlich auch immer um eine Bauchnabelschau, denn der allgegenwärtige Trend zum Theater, dem auch La Hengst folgt (viele der Stücke sind im Rahmen von Theaterproduktionen entstanden) lässt die Frage der Integration der eigenen Zunft auch noch mal in einem neuen Licht erscheinen. Bis diese Frage geklärt ist, darf man sich über jeden hörbaren Versuch freuen, den herrschenden Zynismus mit seltsamen Kreuzungen aus Dekonstruktion und Euromayday-mäßigem Empowerment zu bekämpfen. Kennengelernt: auf Kampnagel. Fr, 21. 9., 12 Uhr, Hafenklang, Große Elbstraße 84

Neue alte Einfachheit. Sie riecht ein bisschen nach einer Farm in irgendeiner Weite der USA und nach einer Zeit vor der Dauerbeschallung mit lauter in ihrer Stromlinienförmigkeit doch recht ähnlichen Bands. Allerdings stammt Kate Stables weder von einer Farm noch aus einer solchen Zeit. Sie pendelt zwischen Bristol und Paris und man kann sich nur wundern, dass auch in solchen urbanen Atmosphären und Zeiten mediengerechter Präsenz Dinge entstehen, die so klingen können, als würde all der Budenzauber schlicht an ihnen abgleiten. This is the Kit, weniger eine richtige Band als das um ein bis zwei weitere Personen erweiterte Soloprojekt Stables’, ist in diesem Sinne nun wirklich kein Pop, sondern eine dauerhafte Session, die wie aus Versehen an die Öffentlichkeit geraten ist. Technisch ausgedrückt machen This is the Kit Blues- und Folk-Songs, die getragen sind von Akustikgitarre und Banjo und mal mit Streichereinsätzen, mal mit dezentem Schlagzeug, mal mit Trompete fein gefüllt werden. Dazu kommt Stables’ wunderbarer schlenkernder Gesang. Kennengelernt: auf Arte Tracks. (Fr, 21. 9., 19 Uhr, Hasenschaukel, Silbersackstraße

Polite Sleeper haben sich einmal auf den schönen Begriff „folk mess“ gebracht. Man denkt hier vielleicht spontan an Anti- und Freak- und andere Abweichungen von der landläufig unter „Folk“ fallenden puristischen Spiel- und Darbietungsform. Das Spiel geht jedoch anders, denn lustig-niedlich aufgemachte Personen sucht man bei der aus New York stammenden Band genauso vergeblich wie süß rumpelnde Liedminiaturen. Erwachsen aus der Asche der sich um Genregrenzen immer schon wenig scherenden Hardcore-Band The Yellow Press begann man 2007 als vielleicht etwas wackliges, vergleichsweise unkonventionelles Folk-Duo – offenbar mit wenig mehr ausgestattet als genretypischen Instrumenten und dem Ansatz, mal „etwas anderes“ zu machen. Mit der Zeit ging man dann zur Vollbesetzung über (die allerdings auch heute nur aus drei Personen besteht) und mutierte mehr und mehr zur „folk punk mess“. Auf der Grundlage eines stets gut rhythmisierten Schlagzeugs (und ohne Bass) wird hier mit Akustikgitarre und Tasten nun eine rauh gebürstete Version der Mountain Goats oder auch eine deutlich weniger weinerliche Version der Bright Eyes präsentiert, die in ihren nicht kauzigen Momenten doch sogar auch ein wenig melancholisch ausfällt. Kennengelernt: im autonomen Jugendzentrum. Mi, 26. 9., 21 Uhr, Astra Stube, Max-Brauer-Allee 200 NILS SCHUHMACHER