Lars Penning Filme aus dem Archiv –frisch gesichtet:
Das Ende der Welt naht, es kommt in Gestalt von stampfenden und schnaubenden Urviechern. Doch Hushpuppy, die sechsjährige Heldin von Benh Zeitlins „Beasts of the Southern Wild“ (2012), wird ihnen ganz ruhig Einhalt gebieten, diesen mythischen Sinnbildern des Untergangs, der Süd-Louisiana längst erreicht hat. Denn hier leben die Menschen sowieso am Ende der Welt, in einer „Bathtub“ (Badewanne) genannten Gegend: bedroht von Stürmen, Überflutungen und Umweltkatastrophen, belastet von Krankheiten und Alkoholismus und längst aufgegeben vom Rest der Bevölkerung. Ein Damm trennt sie von der Zivilisation. Und trotzdem feiern gerade hier ungezähmter Lebenswille und Menschlichkeit Triumphe, und es manifestiert sich eine Kultur voller Solidarität. Hushpuppy wird allen Problemen trotzen. Der eigentliche Horror in Zeitlins fantastischer Parabel ist der kurze Abstecher in die Welt der „Normalen“ mit ihrer Vernunft, ihren Regeln und ihrer Hygiene: Bloß nichts wie weg da! (OmU, 17.2., 18 Uhr, City Kino Wedding)
Einen regulären Kinostart wird es vermutlich nicht geben; wer also Zeit hat und Lust verspürt, sollte sich Heinz Emigholz’ „Years of Construction“ jetzt bei der Berlinale ansehen. In seinem jüngsten Architekturfilm verbindet der Regisseur erstmals sein Grundprinzip, auch die Veränderung von Gebäuden im Lauf der Zeit sichtbar zu machen und die Spuren ihrer Nutzung zu zeigen, mit der Dokumentation eines Neubaus. Denn 2013 ließ die Kunsthalle Mannheim einen für die Präsentation von Skulpturen genutzten Erweiterungsbau aus den 1980er Jahren abreißen und durch ein neues Gebäude ersetzen. Emigholz begleitet die bis 2018 währenden Bauarbeiten im bewährten Stil seiner Film-Essays: Zu sehen sind unkommentierte, nahezu fotografische Aufnahmen des Gebäudes, die mit einem sorgfältig komponierten Soundtrack aus Originaltönen unterlegt sind und in ihrer Rauminszenierung auch die Abstraktionskraft des Zuschauers fordern (15. 2., 19.15 Uhr, Cinestar 8, 16.2., 10 Uhr, Zoo Palast 2).
Im Grunde ist Robert Wienes in einem Irrenhaus spielendes Drama „Das Cabinet des Dr. Caligari“ (1920) der einzige wirklich expressionistische Film des deutschen Kinos. Das liegt vor allem an den Bauten und Dekorationen der Maler und Architekten Walter Reimann, Hermann Warm und Walter Röhrig: Sie setzten den Wahn der Filmfiguren in stilisierte Dekors mit gemalten Schatten, seltsamen Symbolen und vielen schiefen Ebenen um. Beim Stummfilm um Mitternacht gibt es dieses Mal eine musikalische Begleitung durch DJ Raphaël Marionneau (16. 2., 23.59 Uhr, Babylon Mitte).
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