Kommentar Kaija Kutter über junge Obdachlose in Hamburg
: Ein Anfang, nun müssen weitere Schritte folgen

Beim Thema Obdachlosigkeit gerät Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) erstmals unter Druck

Sozialsenatorin Melanie Leonhard, einst von Olaf Scholz für das Amt erkoren, weil sie die „nötige Härte“ besitze, überstand die ersten drei Jahre ihrer Amtszeit ohne auch nur einmal in die Schusslinie zu geraten. Nur beim Thema Obdachlosigkeit gerät sie unter Druck. Die harte Hand gegenüber Osteuropäern, die Weigerung, das Winternotprogramm tagsüber zu öffnen, die späte Bekanntgabe der Obdachlosenstudie und die Kritik der Wohlfahrtsverbände daran – da braut sich ein Thema zusammen. Die vier Toten Obdachlosen im Frühwinter werfen Fragen auf.

Gut deshalb, dass die SPD-Landeschefin nun den Anspruch formuliert, dass junge Menschen in Hamburg nicht obdachlos sein sollen. Die Tatsache, dass es das gibt, ist ohnehin ungeheuerlich. Wenn man bedenkt, dass es auch ehemalige Heimkinder sind, ist es gar ein sozialpolitisches Desaster.

Das Jungerwachsenenprojekt (JEP) ist ein guter Ansatz. Doch es stellt sich die Frage, warum es seit der ersten Standorteröffnung 2009 zehn Jahre dauerte, bis es erweitert wird. Die hohen Zahlen der 18- bis 25-Jährigen in den Betten des Winternotprogramms hätten schon früher sinken können.

Gar nicht einsehbar ist die Hartleibigkeit beim Thema Notschlafstelle. Im Pik Ass für Erwachsene sollen die jungen Obdachlosen sich nach Leonhards Vorstellung ein Zimmer nehmen. Und wenn das eines Tages mal neu gebaut wird, dort einen eignen Eingang bekommen.

Doch die Warnung der Streetworker, dass die jungen Leute so in die Szene abrutschen und verloren gehen, wird nicht gehört. Der Dissens zur Helferszene ist hier so eklatant, dass die sogar schon über eine mit Stiftungsgeld bezahlte Notschlafstelle nachdenkt.

Warum nicht wenigstens eine Notschlafstelle mal ausprobieren? Warum nicht den Zugang zum JEP ganz öffnen oder in die Hände jener Beratungsstellen legen, die eine Notschlafstelle fordern, weil bei ihnen die jungen Menschen um Hilfe bitten?

Weil sonst noch mehr Bedarf sichtbar wird? Und ein JEP mit den Fachstellen als Nadelöhr günstiger ist? Wenn junge Menschen auf der Straße leben, kostet das kurzfristig nichts, langfristig ist es teuer. Die Senatorin gehört bei diesem Thema unter Beobachtung. Gibt es nennenswert 18-, 19-, 20-jährige im Winternotprogramm, trotz JEP, ist das ein Ergebnis ihrer Politik.