wortwechsel
: „Sie werden uns verprügeln“

SchülerInnen streiken, demonstrieren gegen eine verrückte Klimapolitik. An den Schulen nimmt aber auch Mobbing zu – hier geht die private Welt der betroffenen Kinder unter

„Fridays for Future“, die wöchentliche Schülerdemo in Berlin Foto: Markus Heine

„Fridays for Future: Druck von oben“,

taz vom 1. 2. 19

Für „Notwehr“ zu spät?

Wenn unsere Schüler einmal groß und stark sind, werden sie uns verprügeln. Für echte „Notwehr“ ist es wohl zu spät. Ich kann damit leben. Schließlich ist es meiner Generation immer ganz gut gegangen. Wenn wir einmal gehen, hinterlassen wir ein paar Euros auf dem Konto, eventuell sogar eine Immobilie mit Garage und zweitem Parkplatz. Vielleicht reicht es ja für eine neue Klimaanlage.

Dietmar Rauter , Kronshagen

Unterstützt die Schüler!

Die Schülerstreiks für eine so bitter notwendige, längst überfällige wirksame Klima- und Umweltpolitik sind ein Lichtblick für mich als früheren Schulleiter, aber auch für viele, die sich trotz ständiger Frustrationen für das Überleben unseres Globus einsetzen. Seit langer Zeit wieder ist ein bewundernswertes Engagement der jungen Generation zu erkennen, ausgehend von der mutigen schwedischen Schülerin Greta Thunberg. Selbstverständlich sind diese Demonstrationen während der Schulzeit äußerst problematisch, weil es klare Regeln für den Schulbesuch geben muss. Sicherlich steht aber das „Schwänzenwollen“ keinesfalls im Vordergrund des Tuns. Ich habe nur wenig Verständnis für KollegInnen und SchulleiterInnen, wenn sie die Teilnahme an diesen Aktivitäten während der Schulzeit grundsätzlich ablehnen. Ich weise aus eigener Erfahrung auf die Möglichkeit hin, solche Demonstrationen als praktische Bestandteile des offiziellen Unterrichts einzuplanen, wenn die Thematik entsprechend vor- und nachbereitet wird und Lehrer und Lehrerinnen ihre Schüler vor Ort begleiten. Diese Aktionen sind zweifellos Bekundungen einer praktizierten lebendigen Demokratie, die gerade in unseren Tagen gefährdet ist. Sie geben Mut und Hoffnung weiter. Hier kann und muss nicht zuletzt auch die Politik von diesen jungen Menschen lernen.

Helmut Küster, Niederkrüchten

Hören wir ihnen zu?

„Ende Gelände besetzt Tagebaue im Osten“, taz vom 5. 2. 19

Nimmt man die langjährigen Warnungen des Weltklimarats ernst (und damit die Beschlüsse von Paris), so ist dieser aktuelle Kompromiss in Sachen Kohleausstieg nichts anderes als der Ausdruck der Totalkapitulation einer verantwortlichen Vorsorge- und Klimapolitik vor den Kapitalinteressen, den Interessenverbänden der Wirtschaft und auch der Ignoranz weiter Teilen der Bevölkerung. Mit dem vorliegenden Zeitplan zum Kohleausstieg bis 2030 plus riskieren wir irreparable Klimaschäden. Greta ruft zum Widerstand der Jungen, der Erwachsenen von morgen – ein letzter Hilfeschrei.

Martin Rothe, Heuchelheim-Klingen

„Die Erdsystemallianz“

„Ein Update für Forschungsprogramme“, taz vom 27. 1. 19

Herr Ronzheimer fasst sehr gut die vom Bündnis 90/Die Grünen angestoßene Initiative zur Ausweitung der Klimaforschung zusammen.

Ich kann Professor Latif vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung nur beipflichten, dass es einer besseren Koordination und strategischen Ausrichtung der Klimaforschung bedarf, um schnell zu nachhaltigen Lösungen für die konkreten Herausforderungen im Bereich Klimawandel zu kommen.

Die Deutsche Allianz Meeresforschung (DAM) ist ein wichtiger Schritt, um die deutsche Küsten-, Meeres-, Ozean-, Tiefsee- und Polarforschung zu bündeln. Allerdings benötigt die gesamte Erdsystemforschung einen gut vernetzten Überbau, um unser Wissen über das System Erde (einschließlich der Meeres- und Polarforschung) und seine Dynamik zu integrieren.

Dazu schlagen wir eine Deutsche Erdsystemallianz (Desa) vor.

Diese Plattform soll die verschiedenen universitären und außeruniversitären Forschungsinstitute und -verbünde Deutschlands zusammenbringen, um wissenschaftsbasierte Handlungsoptionen für den nachhaltigen Umgang mit der Erde zu erarbeiten und deren Umsetzung aktiv mitzugestalten.

Beispielsweise wird die Möglichkeit der direkten Abscheidung und Speicherung von Kohlenstoffdioxid (Carbon Capture and Storage) beziehungsweise dessen Verwendung als Rohstoff (Carbon Capture and Utilization) bisher nicht genutzt.

Die Desa strebt eine enge, strategische Verzahnung von Natur-, Technik-, Geistes-, Gesellschafts- und Datenwissenschaftlern an, durch die Geophysiker, Philosophen, Stadtplanerinnen und Data Scientists in interdisziplinären Projekten das System Erde von allen Seiten wissenschaftlich ausleuchten und Ideen und praktische Anwendungen für die Lösung etwa der Klimakrise finden sollen – ein Ansatz, der weltweit einmalig wäre.

Reinhard F. Hüttl, Vorstandsvorsitzender, Geoforschungszentrum Potsdam

„Quälerei ist kein Kinderkram“,

taz vom 5. 2. 19

Es trifft ärmere Kinder?

Aus eigener Erfahrung mit meiner Tochter weiß ich, wie wenig sich die Lehrerschaft damit rühmen kann, richtig – beziehungsweise überhaupt! – in die Mobbing-Attacken einzugreifen! Leider ist es heute so, dass vermehrt Kinder aus den sogenannten besseren Haushalten gegen Kinder aus Familien von Alleinerziehenden mobben, denn häufig fehlen diesen Kindern die teuersten Smartphones oder Markenkleidung, um deren Standards erfüllen zu können. Auch trifft es sehr häufig Kinder, die aus anderen Gründen mehr Abstand zu den Gruppen halten, weil sie sich durch körperliche Gegebenheiten unvollkommen fühlen.

Urbürger auf taz.de

Mut machen zur Revolte

Strafen gegen Mobbing-Täter können ihre Macht noch bestärken. Mein Ansatz als Konflikttrainerin: Es sollte den Schülern durch Empathie Mut zur Revolte gegen Mobbing-Täter gemacht werden. Nur so kann ihnen die Macht entzogen werden. Ich gehe mit der Methode der gewaltfreien Kommunikation vor: Was genau hast du beobachtet? Wie ging es dir dabei? Was brauchst du oder das Mobbing-Opfer, damit es euch wieder besser geht? Schon bei diesen Fragen kippt die Stimmung in der Klasse von Häme in die Empathie. Es ist tatsächlich so: Leidet ein Mensch und wird darauf angesprochen, leiden die anderen mit. Wenn also Betroffenheit unter den Schülern aufgebaut ist, frage ich das Opfer, wie es ihm geht. Meist hat das Opfer Tränen in den Augen und sagt, es habe sich daran gewöhnt. Frage ich vorsichtig und leise weiter, wie war es das erste Mal für dich, als man dich beleidigt hat, können sich alle Opfer an den ersten Schreck erinnern.

Wenn ich so weit gekommen bin, sind alle Kinder still und betroffen. Jetzt frage ich in die Runde: Wer möchte ab sofort Coach für das Opfer sein und ihm oder ihr helfen, wenn wieder jemand eine Beleidigung wagt oder einen Angriff macht? Meist melden sich circa fünf Schüler. Ich erstelle eine schriftliche Vereinbarung vor allen Schülern, dass diese fünf Coaches sich ab sofort für das Opfer einsetzen. Dann erkläre ich den Schülern, wie Mobbing entsteht. Mit dieser Konfliktbesprechung wird Tätern die Macht genommen. Man sollte sofort das Machtvakuum neu besetzen, indem die Schüler diejenigen zu neuen Teamleitern/Peer-Leadern wählen, die besonders durch Empathie und soziales Verhalten aufgefallen sind.

P.S.: Bitte, liebe Eltern, sprechen Sie nicht selbst mit den Tätern und deren Eltern. Es würden nur Rechtfertigungen kommen, und es könnten weitere Nachteile für Ihr Kind entstehen. Sie als Elternteil können darauf bestehen, dass das Mobbing in der Schule beendet wird, doch holen Sie die Lehrkräfte mit ins Boot. Mit der beschriebenen Vorgehensweise möchte ich allen Pädagogen Mut machen. Für mich ist es immer eine besondere Freude zu sehen, mit wie viel Überzeugung die Schüler ihre neue Aufgabe ­erkennen. Ursula Heldt, Neu-Jargenow