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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Nur noch unappetitlich!

■ betr.: „Griechenland interniert syrische Flüchtlinge“, taz vom 19. 9. 12

Was bitte schön ist der Unterschied zwischen syrischen Flüchtlingen und „gewöhnlichen Asylsuchenden“? Vielleicht dass Letztere vor Konflikten fliehen mussten, die sich zurzeit nicht auf Seite 1 der Bild-Zeitung wiederfinden?

„Man muss eine ungehinderte Weiterreise dieser Menschen innerhalb der EU sicherstellen“, wird Ulla Jelpke zitiert, mit dem bald folgenden Hinweis, dass Griechenland aus Angst vor Flüchtlingen 1.800 Soldaten zusätzlich an seine Grenze abkommandiert hat. Nun, Deutschland hat für solcherlei Drecksarbeit Frontex. Die Lager in Deutschland, euphemistisch Gemeinschaftsunterkünfte genannt, sind gemessen am Wohlstandsgefälle zwischen hier und Griechenland ein größerer Skandal. Bekämen die Flüchtlinge ihre ungehinderte Weiterreise, säßen sie hier, oft jahrelang in den Lagern fest, ohne Arbeitserlaubnis, ohne Chance, Deutsch zu lernen, und durch die Residenzpflicht an ihren Landkreis, bestenfalls ihr Bundesland gefesselt. Und Abschiebestopps können schnell widerrufen werden. Bush hatte kaum sein Mission accomplished ausgesprochen, als Deutschland wieder Flüchtlinge in den Irak abzuschieben begann.

Warum hackt die taz schon wieder auf Griechenland herum bei einem Thema, welches, egal wo in der EU, zu den traurigsten und menschenverachtendsten zählt? Die Flüchtlingspolitik aller EU-Staaten ist ein Skandal ohnegleichen und die Art und Weise, wie ein Staat dabei auf den nächsten mit dem Finger zeigt, nur noch unappetitlich! VOLKER ZANDER, Haar

Eine tödliche Sackgasse

■ betr.: „Bandenkrieg in Marseille“, taz vom 18. 9. 12

Samia Ghali fordert Militär zur Bekämpfung der Dealer. Genau mit diesem Konzept hat sich Mexiko ins politische Chaos gestürzt. Damit holen wir die blutige Eskalation des Drogenkrieges direkt nach Europa. Wie viel Wahnsinn muss denn noch gefordert werden, wie viele Gefangene und Leichen muss es noch geben, wie viel Abbau von Demokratie und Menschenrechtsverletzungen, bis es auch in Medien und Politik vordringt, dass die Prohibition eine tödliche Sackgasse ist. MICHAEL KLEIM, Gera

Ferien: Schonraum für Kinder

■ betr.: „Nach den Ferien wieder abhängen“, taz vom 19. 9. 12

Ersetzt man im Interview mit Jörg Siewert „Kompetenz“ jeweils durch das Wort „Leistung“, entsteht ein deutliches Bild, was unter der Worthülse „Kompetenz“ in der „Lehr-Lern-Forschung“ eigentlich zu verstehen ist. Nichts anderes als die konsequente Durchsetzung des kapitalistischen Leistungsprinzips auf den vermeintlichen Schonraum Schule und der krampfhafte Versuch, junge Menschen in ihrer Entwicklung zu kontrollieren, kategorisieren und zu messen.

Dass die SchülerInnen in den Ferien, befreit vom ständigen Bewertet-und-verglichen-Werden, nicht zum Mathematik- oder Deutschbuch greifen, geschenkt. Da sinken die messbaren Leistungen natürlich erst einmal ein, diese freie Zeit ist aber häufig der einzige wirkliche Schonraum, der Kindern noch bleibt. Ich finde es ist keine „völlig absurde Schlussfolgerung“, so Siewert, dass man in langen Ferien etwas lernen kann. Was Freundschaft ist, wie es sich anfühlt, an einem heißen Tag in den See zu springen, zu erfahren, wie Robinson Crusoe auf seiner Insel überleben konnte oder wie ein Wald im Sommer riecht … Dies lässt sich nur alles furchtbar schwer messen – vielleicht kann man ja das Wörtchen Freizeitkompetenz erfinden… oder da war doch mal was – Bildung vielleicht? NIELS TEKAMPE, Darmstadt