: Ein postkolonialer Traumtänzer
Der philippinische Filmemacher Kidlat Tahimik ist für seine surrealen Filme bekannt. Das Hamburger B-Movie zeigt sie in einer Reihe
Von Wilfried Hippen
Wenn jemand sich den Künstlernamen „Der Stille Blitz“ gibt, kann er nur eigenwillige, wilde und surreale Werke produzieren. Kidlat Tahimik enttäuscht diese Erwartung nicht. Als Eric Oteyza de Guia 1942 in den Philippinen geboren, macht er seit 1977 Filme in der Do-it-yourself-Methode, also mit extrem geringem Budget und mit der Hilfe von Freunden und der Familie. Als er in den 1970er-Jahren für eine Weile in München lebte, lernte er dort Werner Herzog kennen. Zusammen mit Francis Ford Coppola sorgte Herzog dafür, dass Tahimiks erster Film „Mababangong Bangungot – Der parfümierte Alptraum“ international verbreitet wurde. In Deutschland lief er auf dem Forum des jungen Films der Berlinale und kam sogar in die Kinos
In diesem autobiografischen Spielfilm erzählte er von einem philippinischen Kleinbusfahrer, der davon träumt, ein Astronaut zu werden. Auf dem Weg in die USA kommt er immerhin bis nach Paris, wo sich „der Westen“ für ihn als alles andere als das Paradies entpuppt. Der Kritiker Hans C. Blumenberg nannte den Film „eine wundersam Mischung aus lärmender Folklore, asiatischer Mythologie und surrealer Poesie“.
Das B-Movie auf St. Pauli hat ein Programm mit fünf von Tahimiks Filmen kuratiert. Bevor die Reihe am Sonntag mit Tahimiks Debütfilm beginnt, findet am Samstag im Kino ein Filmgespräch zum „anderen philippinischen Kino“ statt, zu dem der Professor für Medientheorie Tilman Baumgärtel aus Mainz zu Gast ist.
Tahimik drehte mit „Sinong Lumikha Ng Yoyo? Sinong Lumikha Ng Moon Buggy ?“ („Who invented the Yoyo? Who invented the Moon Buggy?“) eine Fortsetzung seines Debütfilms, in der es seinem Helden schließlich gelingt, mit einer selbstgebauten Rakete ins All zu fliegen.
Gedreht wurde zum Teil in Bayern. Denn Tahimik pflegte seine Verbindungen zu Deutschland. 1981 drehte er „Turumba“ für das ZDF, sein konventionellster Film, ein Porträt einer Familie, die auf dem Land davon lebt, Figuren aus Pappmaché zu machen. Der Besuch einer deutschen Unternehmerin ändert alles.
Als Tahimiks Opus Magnum gilt „Bakit Dilaw Ang Kulay Ng Bahaghar“ („Why is Yellow at the Middle of the Rainbow?“), in dem er Aufnahmen aus den Jahren 1984 und 1994 zu einer 175 Minuten langen Chronik des Lebens auf den Philippinen des Marcos-Regimes montierte.
Für „Balikbayan #1 Memories of Overdevelopment Redux III“ schließlich gewann Tahimik vor vier Jahren den Caligari-Preis des Forums der Berlinale. Zum wiederholten Mal arbeitete er hier mit älterem Filmmaterial, das diesmal in einer vergrabenen Pappschachtel entdeckt wird. Und wieder zeigt in seiner Geschichte ein Filipino den Kolonialisten von einst eine lange Nase, wenn sich herausstellt, dass er der Mensch war, dem es als Erstem gelang, die Erde zu umrunden.
„Kidlat Tahimik – Freibeuter des philippinischen Kinos“: Sa, 2. 2., bis So, 24. 2., B-Movie, Hamburg
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