wortwechsel
: Genießen Sie einfach den Feinstaub Ihrer Gegend!

Auch Lungenärzte können einen Knall haben? Der „Streit“ um Gesundheitsrisiken von Smog, Feinstaub, Stickstoffdioxid scheint absurd. Und der Kohleausstieg? Husten Sie bitte weiter!

Juwelierin Katarzyna Depa macht aus Kohle coolen Schmuck Foto: Kacper Pempel/reuters

„Fakten zählen nicht mehr“,

taz vom 26. 1. 19

Testet euch doch selber

Das ist doch wunderbar, wenn Fachleute ihre Expertise zur Verfügung stellen in strittigen Angelegenheiten. Sicher finden sich unter den engagierten Pneumologen einige, die im Stile unseres werten ersten Umweltministers, der „eigenkörperlich“ die R(h)einheit des Rheins testete, nun mit eigener Lunge die Luft testen. Versuchsanordnungskompetenz kann ja bei der Autoindustrie abgerufen werden … oder war das mit den Affenversuchen auch ein Fake? Hans Raab, Neustadt/Weinstraße

Thank you, Dr. Marlboro!

Ausgangspunkt für die Bemühungen von WHO und EU zur Festlegung von Grenzwerten sind die für jedermann sichtbaren Belastungen durch Smog und Gestank in vollen Innenstädten. Nachdem wissenschaftlich geklärt ist, wie kleinste Partikel im Verein mit giftigen Stoffen Entzündungen der Atemwege verursachen, deren Langzeitfolgen auch Krebserkrankungen sein können, ist eigentlich unstreitig, dass die Aufnahme solcher Schadstoffe so gering wie irgend möglich gehalten werden muss. Nur Dr. Malboro und Dr. Köhler haben noch Bedenken gegen zu viel Gesundheitsvorsorge.

Beim Stickstoffdioxid ist die Argumentation noch verrückter. Weil der menschliche Organismus den Stoff herstellen und verstoffwechseln kann, soll er in der Atemluft unbedenklich sein. In der Medizin sind aber zwei Binsenweisheiten Konsens: Erstens entscheidet die Dosis darüber, ob ein Stoff nützlich als Medikament oder giftig als Krankheitsfaktor wirkt. Zweitens ist auch der Ort der Wirkung im Organismus entscheidend für Nutzen oder Schädlichkeit. Wie der (emeritierte) Lehrstuhlinhaber für Lungenheilkunde, Herr Köhler, argumentiert, erinnert sehr an die Leugner des Einflusses von Kohlendioxid auf das Klima.

Herbert Hochheimer, Niederkrüchten

Dieter Nuhr ist schuld

Das beschriebene Phänomen wirft für mich die Frage auf, ob die Einlassung einer Minderheit im Verband der Lungenärzte, die der geäußerten Mehrheitsmeinung dieses Verbandes unqualifiziert widerspricht, nicht auch auf diverse öffentliche Ermunterungen eines prominenten deutschen Kabarettisten zurückzuführen ist, der in etlichen TV-Sendungen das umwelt- und menschenfreundliche Bemühen um Luftreinhaltung versucht lächerlich zu machen? Dieter Nuhrs früher oft hintergründig-lustiges Engagement für eine positive Weltsicht entwertet er in jüngster Zeit zunehmend durch umwelt- und menschenverachtende Kommentare. Günter Knebel, Bremen

Dieser Cocktail stinkt

Das wirkt auf mich, als ob da jemand noch mal groß in die Öffentlichkeit kommen will. Der Weltgesundheitsorganisation WHO aber unwissenschaftliches Arbeiten vorzuwerfen, ohne eigene Studien heranführen zu können, die beweisen, dass der Stickstoffdioxid-Grenzwert von 50µg/m³ Luft zu niedrig ist, ist schon ein starkes Stück, zumal es allen klar ist: Niemand fällt bei diesen Werten um! Zum Glück, denn es ist ein Langzeitgrenzwert, versehen mit Sicherheitsfaktoren, damit auch Alte, Kinder und Kranke solche Belastungen langfristig überstehen. In ihrem Eifer haben Professor Köhler und Co den Grenzwert, der für akute Belastungen gilt, völlig übersehen. Dieser Tagesgrenzwert liegt fünfmal so hoch wie der Jahresgrenzwert, also bei 200µg/m³ und darf zwölfmal im Jahr überschritten werden. Vergessen wurde auch, dass Stickoxide quasi als Leitsubstanz für Luftschadstoffe stehen. Wo deren Messwerte hoch sind, sind fast immer auch andere Schadstoffwerte erhöht. Wir atmen ja nicht allein Stickoxide ein, sondern einen ganzen Cocktail, bestehend aus Feinstaub in verschiedenen Größen und Schadstoffbeladungen, Kohlenwasserstoffe, Ozon, Kohlenmonoxid und andere mehr. Georg Wietschorke, Bremen

Unversöhnliche Lager?

„Mehr Druck ist hilfreich“,

taz vom 28. 1. 19

Der Kompromiss ist faul, darauf weisen Greta Thunberg und die protestierenden SchülerInnen hin. Faul ist er, weil er, abgesehen von weiteren zwanzig Jahren Luftverpestung durch Kohleverstromung, die entscheidende Tatsache zudeckt: Die „aggressiver und unsachlicher“ werdende „Debatte“ ist gar keine, weil Politik und Konzerne mit dem Polizeiknüppel ihre Meinung durchsetzen, wenn ihnen Protest wirklich weh tut. Wir haben längst eine unversöhnliche gesellschaftliche Spaltung, die entlang der Linie „Lebenswerte Zukunft statt Profit“ verläuft: Die Mehrheit der Menschen will nicht durch Autoabgase krank werden – aber die SUV-Lobby setzt sich durch; die Mehrheit will nicht durch Glyphosat oder andere Pestizide vergiftet werden – aber die Chemielobby hat gewonnen. Noch viele andere sogenannte Kompromisse tun so, als seien Gesundheit, Leben und Zukunft vor allem unserer Kinder verhandelbar. Diese ökonomisch-politische Logik ist zynisch, unmenschlich, für viele Menschen tödlich. Das hat Greta Thunberg, das haben die SchülerInnen begriffen, und hoffentlich schließen sich viele, viele Menschen ihnen an.

Günter Rexilius, Mönchengladbach

Lobby am Steuer

„Nur schlaue Steuerregeln helfen gegen die Stinkediesel der Autoindustrie, sagt Gerd Grözinger“, taz vom 28. 1. 19

Hier werden wieder munter die monstranzartig vor sich hergetragenen Begriffe Feinstaub und Stickoxid durcheinandergewirbelt und ein Lobby-gesteuerter Abmahnverein zum Heilsbringer erklärt. Dass Diesel zum Feinstaub erheblich weniger beitragen als Benziner, die hier auch noch gefördert werden sollen, interessiert nicht. Und das Thema Kohlendioxid, das sonst eine große Rolle spielt, ist außen vor, denn das spräche auch für den Diesel. Wenn Politik sich von solch schlauen Ratgebern auch noch beeinflussen lässt, müssen wir uns über vieles nicht mehr wundern. Hansjörg Theobold, Ditzingen