die woche in berlin
:

Die Beuth-Hochschule tut sich schwer mit einer Umbenennung – obwohl ihr Namensgeber Antisemit war. Die Handball-Weltmeisterschaft ist zur Freude des Verbands tatsächlich ein Publikumserfolg. Erfolg zeitigt auch die Berliner Wohnungspolitik – die CG Group verkaufte das Postscheck­amt in Friedrichshain-Kreuzberg. Jubiläum: In Zeiten der Wohnungsnot könnte das Bauhaus ein guter Geist sein

Das ist keine Petitesse

Umbenennungsdebatte an Beuth-Hochschule

Es ist schon erstaunlich, was manche Menschen für Anstrengungen unternehmen, um nicht zu Rechtfertigendes doch zu rechtfertigen. Zum Beispiel den Namen einer Hochschule, der auf einen Antisemiten zurückgeht. Oder Straßen, die Kolonialisten als Namenspatronen haben.

An der Beuth-Hochschule in Wedding wurde in dieser Woche erneut über ihren Namensgeber diskutiert. Das ist einerseits gut und ehrenwert, andererseits stehen die Argumente der Beuth-Unterstützer, allen voran des ehemaligen Hochschulleiters Reinhard Thümer, in dessen Amtszeit die Benennung der Hochschule nach Beuth fiel, schon länger auf tönernen Füßen. Thümers Zweifel daran, dass Beuth expliziter Antisemit war, sind nicht zu halten, sagen die Historikerexperten vom Zentrum für Antisemitismusforschung. Umso trauriger, dass sich auch die aktuelle Hochschulleitung nicht zur Umbenennung durchringen kann.

Gewisse Parallelen zur Umbenennungsdiskussion im unweit der Hochschule gelegenen Afrikanischen Viertel, die ebenfalls diese Woche erneut hochkochte, drängen sich auf. Auch hier gibt es starke Widerstände gegen neue Namen – mit teils ab­strusen Argumenten wie dem, die Umbenennung der Straßen koste Geschäftsleute viel Geld, das anderswo besser ausgegeben sei.

Es gibt sicher verschiedene Erklärungen dafür, dass das Beharren auf offenkundig Falschem bisweilen so stark ist. Im Fall Beuth mag es sein, dass ein ehemaliger Hochschulleiter um sein „Lebenswerk“ bangt und darum Hanebüchenes behauptet. Allerdings schwingt in seinem Argument, zu Beuths Zeiten sei Antisemitismus ja weit verbreitet gewesen, ein Relativismus mit, den heutzutage nicht wenige vertreten und dem es entschieden entgegenzutreten gilt. Schließlich macht die Tatsache, dass Antisemitismus – ebenso wie Rassismus und Kolonialismus – weit verbreitet war, die Sache nicht besser.

Ähnliches kann man den Geschäftsleuten entgegenhalten: Neue Namen sind keine Petitesse, keine spinnerte Luxusidee, die linke Ideologen auf Kosten hart arbeitender „Normalbürger“ durchdrücken wollen. Sondern die Konsequenz aus Einsichten (dass nämlich Kolonialismus und Rassismus Verbrechen sind), die inzwischen Gott sei Dank mehrheitsfähig sind. Susanne Memarnia

Wie Frauen in knappen Höschen

Handball-WM macht Verband glücklich

Es sind also alle wieder glücklich. So, wie Verbände immer zufrieden sind bei der Zwischenbilanz von Turnieren, und sich dabei an Wortbausteinen orientieren: „Riesige Euphorie“, „Erwartungen übertroffen“, „ein großer Erfolg auch für die Basis“ – und man darf dann selbst in die Zwischentöne hören: „Erwartungen erfüllt“ ist eher mau, „übertroffen“ ist gut.

Beim Deutschen Handballbund (DHB) waren bei der WM-Zwischenbilanz am Freitag alle Erwartungen übertroffen, ergo: Man ist echt zufrieden. Die Zahlen sind ordentlich, der Erfolg des Teams auch. 171.000 ZuschauerInnen sahen die Spiele in Berlin, wo die Deutschen sich das Weiterkommen sicherten, fast alle waren ausverkauft. Und am Fernseher schauten bis zu acht Millionen zu.

Das entspricht etwa den höchsten Quoten bei der letzten Sommerolympiade in Rio, übrigens bei den Beachvolleyballerinnen, also ziemlich gut. Wer so viel Publikum zieht wie Frauen in knappen Höschen, kann Marketing. Der deutsche Handball hat alles getan, das Arenapublikum auf Party zu stimmen. Gemeine Spötter erinnerte das an Malle, aber es ist ja nur ein Abbild von Fußball, Eishockey oder Basketball, die das auch nicht viel anders machen. Und wo es keine Ultras gibt, wird halt künstlich Stimmung erzeugt. Die sich dann wundersam in echte Stimmung verwandelt, und schon stimmen die Zahlen und die Laune.

Die viel zitierte Basis wartet noch, was ihr dieses Turnier bringt. Füchse-Manager und DHB-Vizepräsident Bob Hanning schwärmte, auf Berlin habe der Erfolg allerhand Auswirkungen: „Es hat den Standort Berlin und die Akzeptanz von Handball in Wirtschaft und Politik deutlich nach vorne gebracht.“ Der Kartenverkauf bei den Füchsen sei „exorbitant gestiegen“. Richtig zum öffentlichen Thema hat es die WM bislang außerhalb der Arena trotzdem noch nicht geschafft. „Hast du das Spiel gegen Serbien gesehen?“ ist jedenfalls keine übliche Frage im Freundeskreis. Dafür braucht es wohl mindestens ein deutsches Halbfinale. Alina Schwermer

Pressing zeitigt Erfolge

CG Group verkauft Postscheckamt

Die Reaktionen kamen prompt. Nachdem Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) am vergangenen Freitag angekündigt hatte, die ehemaligen GSW-Wohnungen von der Deutsche Wohnen zurückkaufen zu wollen, war die Kritik laut. Keine einzige Wohnung würde damit neu gebaut werden, monierten Vermieterverbände und Handwerkskammer. Diesen Freitag beklagte dann der Präsident des Verbandes Berliner Kaufleute und Industrieller, die Berliner Koalition betreibe „Klientelpolitik auf dem Rücken der Mehrheit“.

Abgesehen davon, dass die Mehrheit der Berliner, um die 80 Prozent, zur Miete wohnen, zeigt der kollektive Aufschrei vor allem eines: Die private Wohnungswirtschaft gerät unter Druck. Bestes Beispiel dafür ist die CG-Gruppe von Christoph Gröner. Überraschend gab der Anfang der Woche bekannt, sein Lieblingsprojekt, das Postscheckamt am Halleschen Ufer, zu verkaufen. Er hatte sich dort einen erbitterten Streit mit Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) geliefert, der nicht zusehen wollte, wie Gröner den Anteil an Wohnungen zurückfuhr. Zwischenzeitlich hängte Gröner sogar Plakate am markanten Turm auf. Der Tenor war der gleiche wie bei der Kritik am Regierenden. Der rot-rot-grüne Senat verhindere, dass günstiger Wohnraum entstehe.

Dass das nicht stimmt, dafür lieferte Gröner nun selbst den Beweis. Denn der neue Investor Art-Invest überlässt den Wohnungsbau am Halleschen Ufer der Degewo. Damit ist der Wohnanteil langfristig gesichert – und zwar zu den Bedingungen einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft und nicht eines privaten Investors.

Entsprechend erfreut zeigte sich Schmidt: „Der Konflikt ist damit beendet. Es ist gut, dass wir jetzt wissen, mit wem wir es zu tun haben“, sagte er der taz. Er hätte aber noch mehr sagen können. Zum Beispiel, dass das wohnungspolitische Pressing des Senats tatsächlich Früchte trägt. Erstmals nämlich hat ein Investor auf offener Strecke aufgegeben und seine Anteile nicht an die nächste Heuschrecke verkauft, sondern an Akteure, die mit dem Bezirk kooperieren. Und wenn Gröner dies getan haben sollte, weil sich im Klima der Rekommunalisierung kein privater Investor als Käufer gefunden hat, wäre es eine kleine wohnungspolitische Wende.

Alles Spekulation, natürlich. Aber der Druck – auch mit dem Volksbegehren Deutsche Wohnen enteignen als Drohkulisse – wirkt. Nach der Ankündigung des Regierenden, mehr als 50.000 Wohnungen der Deutsche Wohnen kaufen zu wollen, zeigte sich diese sofort gesprächsbereit. Die Politik läuft den Spekulanten nicht mehr nur hinterher. Manchmal treibt sie sie auch vor sich her. Uwe Rada

Die Politik läuft den Spekulanten nicht mehr nur hinterher

Uwe Rada zum Verkauf des Postscheckamts durch die CG Group

Wenn’s gut werden soll

Zur Eröffnung des Bauhaus-Jubiläumsjahrs

Jetzt muss man fairerweise vielleicht auch mal Hornbach, Obi oder Hagebau nennen, die beim bundesdeutschen Bauen doch gleichermaßen von Bedeutung sind. Nicht nur dieses Bauhaus.

Wobei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ja gar nicht den Baumarkt im Auge hatte, als er am Mittwochabend in der Akademie der Künste das Bauhaus als eine der „bedeutendsten und weltweit wirkungsvollsten kulturellen Hervorbringungen unseres Landes“ würdigte.

Vor 100 Jahren wurde die Moderne mit in Gang setzende Kunstschule gegründet, und ein Jahr lang hatte sie auch in Berlin ihre Heimat, bis sie sich 1933 auf Druck der Nazis selbst auflöste. Das ganze Jahr über wird ihre Geschichte und ihr Wirken nun in Ausstellungen und Projekten von allen möglichen Seiten her ausgeleuchtet, und dass man bei dem noch bis Donnerstag dauernden Eröffnungsfestival vor allem auf die performativen Teile des Bauhauses setzt – unter anderem ist noch das „Triadische Ballett“ von Oskar Schlemmer zu sehen –, mag daran liegen, dass halt die Architektur, mit der man das Bauhaus neben dem Design am meisten verbindet, nicht so einfach zu einem Tänzchen auf die Bühne gebeten werden kann.

Man kann diese Architektur ja aber selbst begucken, etwa in Siemensstadt, die als eine der „Siedlungen der Berliner Moderne“ zum Unesco-Welterbe zählt. Und wenn man schon unterwegs ist, mag man auch mal schauen, wie sich eigentlich die Nazis, die das Neue Bauen als „Kulturbolschewismus“ verteufelten, den Wohnungsbau in Berlin vorstellten. Etwa am Grazer Damm oder in der Waldsiedlung Krumme Lanke im scheinbar heimeligen Heimatschutzstil.

Viel lieber aber übten sich die Nazis eben im Monumentalbau und wollten sich deswegen nicht so recht um die Wohnungsnot, die auch damals in Berlin herrschte, kümmern.

Wieder ist Wohnen heute eine der drängenden Fragen in der Stadt. Antworten sind umstritten. Da würde man, gerade in einem Jubiläumsjahr, doch gern mal so einen Geist des Bauhauses beschwören und wissen wollen, was nun am besten zu tun ist beim Planen und Bauen.

Als guter Geist wird sich das Bauhaus, lange schon Geschichte, dabei bedeckt halten. Ein Bewusstsein aber schaffen, dass da nicht nur ein Baumarkt ist, sondern es unter diesem Namen mal ganz beachtliche Anstrengungen beim Bauen und Design gab, das kann so ein Jubiläums­jahr wohl schon.

Thomas Mauch