Rudi kommt aufs Straßenschild

Der Spurt durch die Institutionen: die BVV Friedrichshain-Kreuzberg will heute die Umbenennung der Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße beschließen – nur acht Monate nach einer Anregung der taz

von UWE RADA

Der Marsch durch die Institutionen dauerte acht Monate und sieben Tage. So lange brauchte es, bis die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg der Idee der taz und sechs Prominenter den Segen gab und die Kochstraße in Kreuzberg in Rudi-Dutschke-Straße umbenannte. Vorausgesetzt, der Marsch bleibt nicht noch auf den letzten Metern stecken und die Bezirksverordneten überlegen es sich auf ihrer heutigen Sitzung nicht noch einmal anders.

Am 17. Dezember 2004 schickte Karl-Heinz Ruch, Geschäftsführer des taz-Verlags, einen Brief an die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Cornelia Reinauer (PDS). „Anlässlich des 25. Todestags von Rudi Dutschke am 24. Dezember 2004“, heißt es darin, „beantragt die tageszeitung (taz) aus Berlin die Umbenennung der Kochstraße, 10969 Berlin, in Rudi-Dutschke-Straße.“ Unterstützt wurde die Initiative vom Präsidenten der Akademie der Künste, Adolf Muschg, der grünen Bundesvorsitzenden Claudia Roth, der Kuratorin des Hauptstadtkulturfonds, Adrienne Goehler, Bildungssenator Klaus Böger (SPD), Baustadtrat Franz Schulz (Grüne) und der Adressatin selbst – Cornelia Reinauer.

Acht Monate und sechs Tage später wurde gestern am späten Nachmittag im Haushaltsausschuss der BVV ein bereits zuvor schon vom Kulturausschuss beschlossener Antrag abgestimmt. In ihm heißt es: „Das Bezirksamt wird beauftragt, den Abschnitt der Kochstraße zwischen Friedrichstraße und Lindenstraße in Rudi-Dutschke-Straße umzubenennen.“ Heute wird das nun die Vollversammlung der Bezirksverordneten durchwinken.

Nicht nur der Marsch durch die Bezirksinstitutionen war also kurz, auch die Dutschke-Straße musste Federn lassen. Nur ein Teil der Kochstraße wird nach dem Studentenführer aus Luckenwalde benannt sein. An der Dutschke-Straße wird dennoch nicht nur die taz liegen – sondern auch der Springer-Verlag, dessen Blätter nicht unwesentlich an der Hetzstimmung beteiligt waren, die zum Attentat auf Dutschke am 11. April 1968 und elf Jahre später zu dessen Tod führte.

Dass der Beschluss in letzter Minute noch gekippt werden könnte, glaubt BVV-Vorsteher Riza Baran eigentlich nicht. „Zu 90 Prozent ist das durch“, hofft der grüne Bezirkspolitiker. „Allenfalls besteht die CDU auf einer erneuten Debatte“, sagte Baran vor dem Institutionen-Show-down. Die Mehrheit von SPD, PDS und Grünen aber sei für die Umbenennung. Zuletzt war die Beschlussfassung im Haushaltsausschuss gescheitert, weil die positive Abstimmung im Kulturausschuss nicht im Protokoll vermerkt worden war.