Eintracht unter Strom

Braunschweig lässt sich vom Ausfall des Flutlichts nicht beirren und schlägt Borussia Dortmund 2:1

AUS BRAUNSCHWEIGCHRISTIAN OTTO

Wolfgang Loos war für die Deutung der Stromausfälle zuständig. „Das mit dem Flutlicht“, sagte der Manager von Eintracht Braunschweig, „hat uns wohl geholfen.“ Ein paar Meter weiter im Kabinengang stand derweil Stürmer Jürgen Rische und kümmerte sich um die sportliche Einordnung des denkwürdigen Fußballabends. Als Zweitligist hatten sie die große Borussia aus Dortmund mit 2:1 geschlagen, von zwei Stromausfällen begleitet sind sie somit in die 2. Runde des DFB-Pokals gestürmt. „Wir haben zwar schon ein paar Erstligisten weggeschossen, aber Abende wie diese, die vergisst du nie“, sagte Rische. Was nebenan der Manager erzählte über das überforderte Stromaggregat, über die Angst vor einem Spielabbruch, interessierte ihn nicht. „Die Dortmunder haben einfach kein Mittel gegen uns gefunden“, meinte Rische und grinste.

In Braunschweig, in diesem kleinen Stadion an der Hamburger Straße, hat schon so mancher Profiverein den Durchblick verloren. Hertha BSC, Hannover 96 und der 1. FC Kaiserslautern sind zuletzt bei jenem Pokalschreck aus Niedersachsen gestolpert, dessen Publikum stets für eine aufgeladene Atmosphäre sorgt. 22.200 Zuschauer hatten den ersten Stromausfall, als das Flutlicht und die Anzeigetafel kurz vor Anpfiff den Dienst versagten, wie einen kleinen Sieg gefeiert. Als Schiedsrichter Peter Sippel (München) die Partie in der 38. Minute noch einmal für zehn Minuten unterbrechen musste, weil die 40 Jahre alte Flutlichtanlage erneut schlapp machte, ging La Ola um. Die Dortmunder hätten es sich einfach machen können und die nach ihrem Führungstor durch Jan Koller (28.) chaotischen Zustände als Ausrede für ihre Pleite bemühen können. Aber Trainer Bert van Marwijk gestand, dass er keinerlei Lichtblicke bei den Seinen entdecken konnte: „Der Stromausfall ist für mich kein Alibi. Wir leisten uns einfach zu viele Fehler.“

Immerhin: Der neuerliche Black-out der Borussia ist einer Energieleistung der Eintracht-Elf zuzuschreiben, die über sich hinauswuchs. „Unsere Tore, das war schöner Fußball. Dortmund, das war nichts“, meinte Verteidiger Dennis Brinkmann voller Stolz. Seine Mitspieler präsentierten die Trikots der Dortmunder Profis wie Trophäen, die sie sich in verbissen geführten Zweikämpfen erkämpft hatten. Dem Ausgleichstor von Rische (53.) und dem Siegtreffer von Daniel Graf (84.), dem ein schwerer Fehler des Dortmunders Degen vorausgegangen war, folgte eine herrliche Jubelarie, die die Flutlichtpanne schnell vergessen ließ.

„Ich fand das mit dem Strom lustig, und es hat uns sehr genutzt“, meinte auch Eintracht-Coach Michael Krüger. „Ein solcher Sieg ist unglaublich befriedigend. Sex ist gegen so etwas ein unglaublich jämmerlicher Ersatz.“ Er machte Witze über das Duell zweier ungleicher Klubs, die beide von großen Energieversorgern unterstützt werden. Der Stromausfall war in dieser Hinsicht keine gute Werbung, aber der Heimsieg der Eintracht kam angesichts der Liveübertragung in der ARD (5,29 Millionen Zuschauer) wie bestellt. Für die spielerisch enttäuschende Borussia aus Dortmund hingegen war es ein ganz düsterer Abend.