Mit Fuckpony ist Jay Haze einen Schritt näher auch am warmen Soul, während Cobra Killer dadaistisch den Rock rabauken

Das riecht nach Hippies, dieser Albumtitel: „Let The Love Flow“. Das riecht aber nur so. Denn wenn man weiß, dass sich hinter dem Projektnamen Fuckpony niemand anderes verbirgt als Jay Haze, in Berlin ansässiger Amerikaner, der als Produzent und Sänger stets auf der Suche nach dem Extremen ist, dann ist schnell klar, dass hier nicht so einfach nur die Liebe fließt. Schon gleich gar nicht im Sinne der späten Sechziger. Nein, hinter „Let The Love Flow“ verbirgt sich keine quietschverkiffte Hippie-Seligkeit.

Überraschungen bietet Haze unter dem neuen Pseudonym aber trotzdem: Seinen eigenen patentierten Nichtgesang, dieses hochartifizielle Stammeln und Stöhnen, setzt er diesmal ebenso wenig ein wie seine berüchtigt baufälligen Beats. Nein, Haze versucht zum ersten Mal in seiner Karriere nicht um jeden Preis, den Tänzern Knoten in die Beine zu programmieren. Auch wenn das mit der Liebe vielleicht nicht so hinhaut, aber tanzen kann man doch einigermaßen zu diesen Tracks. Diese erst einmal vergleichsweise konventionelle Grundstruktur allerdings wird immer wieder gebrochen mit Sounds, die klingen wie bittere Medizin. Mitten hinein in die dadurch entstehenden Brüche fahren dann, wenn auch nur selten, die Gastsängerinnen Laila Tov und Chela Simone mit ihren Stimmen, die die klassischen Tage des Rhythm & Blues heraufbeschwören. In diesen Momenten kommt Jay Haze also der Vollendung seiner Lebensaufgabe tatsächlich ein gutes Stück näher. Irgendwann wird sie ihm dann womöglich tatsächlich gelingen, die Versöhnung einer klassisch warmen Soul-Atmosphäre mit der mathematischen Kühle des Minimal Techno.

Auch Cobra Killer arbeiten mit der Elektronik, kommen aber zu gänzlich anderen Ergebnissen. Dankenswerterweise hat das Berliner Duo seine Referenzpunkte für „Uppers and Downers“ gleich selbst eingeladen: Es gastieren Jon Spencer, Thurston Moore und J Mascis. Zugegeben: dass auch Die Prinzen ihren Teil beigetragen haben, will nicht so recht ins Bild passen, der Rest aber schon. Führten Annika Line Trost und Gina V. D’Orio doch schlussendlich immer vor allem das Erbe von Punk und Indie-Rock fort, wenn auch mit anderen, digitaleren Mitteln. Und mit diesem, ihrem fünften Album bekennen sich die beiden so deutlich wie nie zuvor zu ihren Wurzeln in der Rockmusik. Hier wird gepoltert und rabaukt mit Gitarren und Schlagzeug, während man auf einen schicken, funky Electro-Beat vergebens warten darf. Stattdessen wird eine Idee reaktiviert, die heutzutage weitgehend aus der Mode gekommen ist: Dilettantismus als Strategie, Monotonie als Stilprinzip, Punkrock als Einstellung.

In einzelnen Songs wie dem überraschend eingängigen „Goodtime Girl“ mögen sie beweisen, dass auch Trash ein gewisses handwerkliches Können verträgt, aber grundsätzlich interessiert hier eher, exemplarisch vorgeführt im „Schneeball in die Fresse“, der Moment, in dem die beständige Wiederholung angestaubter Rock-Klischees ins Dadaistische kippt. Dann riechen die auch nicht mehr gar so ranzig. THOMAS WINKLER

■ Fuckpony: „Let the Love Flow“ (Bpitch Control/Rough Trade), 23. 10. Record Release Watergate

■ Cobra Killer: „Uppers and Downers“ (Monika Enterprise/Indigo), 27. 10. Record Release Festsaal Kreuzberg