Kreatives Idyll vor dem Aus

Konflikt um Kündigungen: Das Clouth-Gelände in Köln

An Silvester 2005 endet ein Kapitel Kölner Industriegeschichte. Mit der geplanten Räumung des Clouth-Geländes im nördlichen Stadtteil Nippes wird nur noch ein Pförtnerhäuschen, das unter Denkmalschutz steht, an die 1866 von Franz Clouth begründete Rheinische Gummiwarenfabrik erinnern. Die Stadt Köln, der das Areal seit 2003 gehört, hat zu diesem Termin den etwa 60 klein- und mittelständischen Betrieben sowie gut 70 Künstlern, die dort ihre Ateliers haben, gekündigt – mit dem Ziel, auf dem frei werdenden Gelände 1.000 für die Stadt einträgliche Wohnungen zu errichten. Als Grund für die fristgerechte Kündigung gilt die Abschaltung des Heizkraftwerks. Und das wird abgeschaltet, weil die Firma Continental, die das Werk vor sieben Jahren übernahm, zu diesem Zeitpunkt ihre Produktion einstellt.

Obwohl der städtebauliche Planungsprozess erst am Anfang steht und mit Baumaßnahmen schon deshalb bis auf weiteres nicht zu rechnen ist, hält die Stadtverwaltung am Räumungstermin fest. „Die Kölner Großkoalitionäre drücken das Thema Clouth einfach weg“, moniert der grüne Fraktionsvize Jörg Frank. „Betriebe, die wegen ihrer Produktionslinien den Standort nicht so einfach verlagern können, müssen ihre Hallen nach Weihnachen besenrein übergeben“, so Frank, der sich in diesen Tagen vor Ort ein Bild gemacht hat. Ein Festhalten an der Kündigung würde die Existenz vieler Unternehmen und somit Arbeitsplätze gefährden. „Steht das etwa im Einklang mit den Zielen einer Förderung für kleine und mittelständische Unternehmen?“ fragt sich Frank, dessen Kritik am Vorgehen der Verwaltung von der IHK geteilt wird. Frank will den Konflikt um die Kündigungen am Montag im Wirtschaftsausschuss thematisieren und hat gestern OB Schramma eine diesbezügliche Anfrage zukommen lassen.

Auch die Tage der Künstleridylle auf dem Clouth-Gelände sind gezählt. Aber da die Stadt Ersatzateliers im Rechtsrheinischen zugesagt hat, scheinen sich die Künstler mit dem Ende ihrer Kolonie abgefunden zu haben. Ein totales Aus für die Kunst soll es womöglich auch gar nicht geben. Ein zwischen Kulturpolitikern und der Verwaltung ausgehandelter gummiweicher Kompromiss sieht neben Wohnungen auch Platz für Ateliers vor. HENK RAIJER