wortwechsel
: Mit Engagement für die digitale und gedruckte taz

Die Abschaffung der täglichen Papier-taz naht, was Missfallen erregt. Steinmeiers Weihnachtsrede wird nicht goutiert. Die Debatte zur „Todesursache Flucht“ wirft Fragen auf

Jürgen Kuttner, Mitgründer der Ost-taz, liest auf Papier, 1990 Foto: Christian Schulz

Digitale Versklavung

„Liebe taz-Leserinnen, -Genossinnen, -Unterstützerinnen, danke“, taz vom 24./25./26. 12. 18

Sehr geehrte Frau Junge, besten Dank für die freundlichen Festtagsworte samt ihrer – zumindest auf Papier gedruckten – Plätzchen. Das einzig Gute an Ihrer digitalen Verheißung – die ich eher als Drohung empfinde – ist, dass Ihr virtuelles Naschwerk dann ebenso kalorienfrei bleiben wird wie in der Weihnachts-taz. (Zwinkernd)

Dass es nicht euer Beruf ist, Papier zu bedrucken, das war mir bisher schon klar. Dafür ist eigentlich der Berufsstand der Drucker zuständig, den ihr offenbar abschaffen oder zumindest eindampfen wollt. Und zwar zugunsten der Arbeitsplätze im IT-Bereich, in der Produktion von Lesegeräten, Ladeinfrastruktur und so weiter.

Gut, die taz hält das offenbar für modern und fortschrittlich, ich dagegen sehe das, obwohl durchaus technikaffin, ganz anders. Haltet mich meinetwegen für altmodisch, aber ich will die täglichen Zeitungsinhalte stromlos in meinem Sessel, Sofa oder gar in der Hängematte konsumieren und nicht auf einem kleinformatigen Wischdisplay. Schon meiner Bank ist es bisher nicht gelungen, mich digital zu versklaven, und der taz wird das auch nicht gelingen. Nennen Sie mir bitte nur den Zeitpunkt der Umstellung, das wird dann auch der meiner Abokündigung sein. Klaus-Ulrich Blumenstock, Stuttgart

Das wäre der taz-GAU

„Liebe taz-Leserinnen, -Genossinnen, -Unterstützerinnen, danke“

Liebe Barbara Junge, mit dem letzten Absatz deiner Danksagung bekommst du dann noch gerade den Dreh hin, nicht nur weibliche Leserinnen etc. anzusprechen.

Was mich aber inzwischen wütend macht, ist immer wieder, den Untergang der gedruckten taz zu beschwören. Ja, auf den Moment zu warten ist der falsche Weg. Dass die taz sich digital weiterentwickelt, ist völlig in Ordnung. Aber überhaupt nicht mehr im Blick zu haben, dass beides zusammengehen kann und gehen muss, das finde ich gerade in deiner Funktion als stellvertretende Chefredakteurin unverantwortlich. Die LeserInnen der gedruckten taz erwarten, dass ihr euch mit gleichem Engagement für digital und gedruckt einsetzt. Wer sich an die Jahreshauptversammlung der taz-Genossenschaft erinnert, weiß, dass es in erster Linie um die Transportkosten und nicht um die Druckkosten ging. Und dieses Problem wird ja wohl zu lösen sein (gegebenenfalls Erhöhung des Abopreises). Die taz als Nischenprodukt braucht die öffentliche Wahrnehmung. Und das geht nur über Kiosk, Bahnhof, Buchhandlung etc. Andernfalls wird die taz verschwinden. Und das wäre der GAU. Jürgen Reith, Neuss

Der Eine-Erde-Kalender

„Wir brauchen einen dritten Weihnachtsfeiertag“, taz vom 22./23. 12. 18

Den Artikel habe ich sehr gerne gelesen. Warum? Weil er das Weihnachtsergebnis des Eine-Erde-Kalenders, der vielleicht schon ab 2023 gelten wird, vorwegnimmt. Nach diesem an den World Calendar von Elisabeth Achelis angelehnten Perpetual-System fällt nämlich der 24. Dezember immer auf einen Sonntag, sodass zumindest die Länder mit zwei Weihnachtstagen immer die geforderten drei arbeitsfreien Tage haben. Zuständig für die Einführung des Eine-Erde-Kalenders ist übrigens der UNO-Rat für Wirtschaft und Soziales (Ecosoc). Gegenüber dem derzeit überwiegend genutzten Kalender gibt es nur drei Änderungen: Den 29. Februar gibt es in jedem Jahr. Der Monat August umfasst immer nur 30 Tage. Der 31. Dezember ist ein Sondertag ohne Wochentagsbezeichnung. Das heißt: keine Schalttage über 45 Jahre! Danach findet die Sonnenwende am Sonntag, dem 1. Januar statt. Carl-D. A. Lewerenz, Bochum

Ablenken von Ursachen

Pastor Steinmeiers Weihnachtspredigt

Weihnachtszeit – Zeit der besinnlichen Gefühle. Nur leider machen diese blind für die Ursachen und tatsächlichen Verhältnisse. In Frank-Walter Steinmeiers Weihnachtsansprache wird die Kommunikationsarmut als eine wichtige Ursache für die Probleme unserer Gesellschaft beschworen. Da liegt der Rückschluss nahe, dass die subjektiven Verhaltensweisen Ursache sind, letztlich also die Schuld des Einzelnen.

Deshalb sollten wir uns einmal anschauen, welche Faktoren in diese „Kommunikationsarmut“ führen: Da ist wohl beim größten Teil der lohnabhängig Arbeitenden die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. Offene Vorschriften am Arbeitsplatz und stummer Zwang der Verhältnisse – die Resultate sind dieselben. Hartz IV, befristete Arbeitsverhältnisse, explodierende Mieten und kaum noch zu findende bezahlbare Wohnungen, all das sind einige der wesentlichen Ursachen für die „schweigende“ Gesellschaft – besser gesagt für die Angsterzeugung im Kapitalismus. Warum redet Steinmeier nicht mal darüber, ob und wie diese Zwänge aufgehoben werden können?

Vielleicht ist gerade auch die Internetkommunikation (Handy, Smartphone, Twitter, SMS usw.) zum Teil durch diese Situation verursacht und als rettender Strohhalm sehr gefragt (hier ist mehr Ano­ny­mi­tät, aber zugleich eine sehr eingeschränkte Kommunikationsfähigkeit gegenüber der direkten Unterhaltung und mündlichen Auseinandersetzung).

Es ist schon immer die Methode der Religion gewesen, von diesen gesellschaftlichen Ursachen abzulenken und die Ursache in den subjektiven Verhaltensweisen der Menschen zu suchen: gut – böse; Unschuld – Schuld; Himmel – Hölle.

Frohe Weihnachten.

Henriette Weimer, Schönwald

Problemlöser gesucht

„Fraglos schreiten wir voran“, taz vom 22./23. 12. 18

Stephan Lessenichs Artikel mit der Unterzeile „[…] als ginge uns das Elend der Welt nichts an“ ist voller bitterer, wahrer und sarkastischer Feststellungen. Trotzdem lässt er mich ratlos und enttäuscht über seine intellektuelle Unredlichkeit zurück. Wenn jemand so sorgfältig Fakten sammelt, was in Europas Migrationspolitik falsch läuft und wie ignorant „wir“ (wer ist wir?) gegenüber dem Elend der Welt seien, dann gehört schon sehr viel Ignoranz dazu, einfach wegzulassen, was es auch gibt: staatliche Entwicklungshilfe, (staatlich geförderte) private Entwicklungs- und Hilfsorganisationen, Flüchtlingshilfe, staatliche Integrationsprogramme und vieles mehr. Das ist angesichts der Pro­blem­grö­ße sicher zu wenig, aber es gibt sie schließlich, ebenso wie eine erhebliche Zahl an Menschen, die dafür tätig sind.

Ratlos bin ich, weil Herr Lessenich zwar unheimlich viel Mühe aufgewendet hat, zusammenzutragen, was alles falsch läuft, aber kein Wort dazu sagt, was man denn konkret anders machen müsste, oder sogar dazu, was denn auch politisch mehrheitsfähig sei. Dabei wäre das ein weites Feld der Forschungstätigkeit: Wie viel kostet es, beliebig viele Flüchtlinge aufzunehmen und später zu integrieren? Wo findet man die Arbeitsplätze, Wohnungen, Schulen? Woher kommt das Geld dafür? Wahrscheinlich wird Herr Lessenich diese Lösungsfindung „der Politik“ zuweisen. Denn wenn man da eigene Positionen formulieren müsste, dürfte er sehr schnell merken, wie kompliziert das ist. Feststeller gibt es genug, Problemlöser in einer vielstimmigen Demokratie werden gesucht. Ludwig Hoffmann, Wernigerode

Sportvereinsteuer

„Ateş für Moschee-Steuer“, taz v. 27. 12. 18

Ich hätte da noch einen Vorschlag zur „Moscheesteuer“: Wie wäre es mit einer Sportvereinsteuer? Dann bräuchten sich die ehrenamtlichen Sportvereine nicht mehr um Ihre Mitgliedsbeiträge zu kümmern und würden Zuwendungen anhand ihrer Mitgliedszahlen vom Finanzamt bekommen. Auch für die freiwilligen Feuerwehren wäre doch so ein Modell denkbar, oder? Was brauchen wir, und was soll staatlich gefördert werden? Denkt nach! Stephan Völz, Hamburg