Off-Kino
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Harold und Maude“, 31. 8. im Freiluftkino Friedrichshain

„Was war der Grund, warum ich mir das antat?“, fragt sich Werner Herzog in seiner überaus unterhaltsamen Dokumentation „Mein liebster Feind – Klaus Kinski“ und meint natürlich die Zusammenarbeit mit dem exzentrischen und egomanischen Mimen, der von einer Sekunde auf die andere unglaubliche Tobsuchtsanfälle bekommen konnte. Die Antwort des Films lautet: Letztlich war der Wüterich eben doch ein Genie – allerdings musste die Bestie in ihm domestiziert werden. Das Kinski-Porträt ist über weite Strecken deshalb auch ein Herzog-Selbstporträt: Fraglos gefällt sich der Regisseur in seiner Rolle als großer Zampano, der verschärfte Klimabedingungen (Urwald), unmöglich erscheinende Wagnisse (Schiff über den Berg ziehen) und seinen Lieblingsfeind stets unter Kontrolle behält und dabei künstlerisch Großes und Wertvolles schafft.

„The Untouchables“, 30. 8. im Sommerkino Museumsinsel

„Die glorreichen Sieben tragen Armani“, schrieb der amerikanische Kritiker Desson Howe über Brian De Palmas „Die Unbestechlichen“ in einer zeitgenössischen Rezension und lag mit seinem Bonmot keineswegs verkehrt: Die Story vom Kampf des Bundespolizisten Eliot Ness (Kevin Costner) und seiner Mitstreiter gegen das organisierte Verbrechen des Al Capone (Robert De Niro) im Chicago der Prohibitionszeit steht dem Western-Genre eigentlich näher als dem klassischen Polizeifilm. De Palma selbst hat den Film eine Geschichte vom alten und vom jungen Revolverhelden genannt: Ness, der naive Biedermann, wird sich durch den Umgang mit dem erfahrenen, pragmatischen Kollegen Jim Malone (Sean Connery) im Lauf der Zeit stark verändern. Am Ende wird er denen, die er verfolgt, in der Wahl seiner Mittel in nichts nachstehen. Und wenn De Palmas „glorreiche vier“ mit den Gewehren im Arm in breiter Phalanx zur nächsten Razzia die Straße hinunter schreiten, kommen sie tatsächlich daher wie Cowboys auf dem Weg zum Shoot-out.

Es beginnt makaber: Harold Chasen (Bud Cort), ein junger Mann aus reichem Hause, legt eine Schallplatte auf, zündet Kerzen an, steigt auf einen Stuhl – und hängt sich auf. Seine kurz darauf ins Zimmer kommende Mutter kümmert das wenig: Sie sagt am Telefon einen Friseurtermin ab und teilt dem hängenden Harold mit, dass man um acht Uhr zu Abend esse. In Hal Ashbys Gesellschaftssatire „Harold und Maude“ sind die inszenierten „Selbstmorde“ Harolds eine Art Ritual, ein merkwürdiger – und immer wieder scheiternder – Versuch, mit seiner Mutter zu kommunizieren, sie einfach einmal zu einer Reaktion zu zwingen. Auf ihn eingehen wird schließlich Maude, die nahezu Achtzigjährige, die mit ihrem Schwung ganz das Gegenteil des steifen und unbeholfenen Harold ist, der stets mit korrektem Anzug und eingefrorenen Gesichtszügen herumläuft. Harolds Bekehrung hin zum Leben beginnt, als es ihr gelingt, ihn in Bewegung zu setzen, ihn singen und tanzen zu lassen. Die im Film mehrfach gespielte Ballade von Cat Stevens gibt das Motto vor: „If you want to be free, be free.“ LARS PENNING

„Mein liebster Feind – Klaus Kinski“, 29. 8. im Filmkunsthaus Babylon 2