c/o-Berlin
: Weil ich der Welt bin müde

Ein letztes Bild: „Little Girl with a Red Nacklace and Curled Hair“, anonym, ca. 1850, Daguerreotypie Foto: Courtesy Stanley B. Burns, MD Photography Collection and The Burns Archive New York

Der Titel ist eindeutig, das Thema ist eindringlich: „Das letzte Bild“ heißt diese nachdenklich stimmende Ausstellung im c/o-Berlin. Sie hebt das besondere Vermögen der Fotografie hervor, mit ihren Techniken und Bildstrategien Tatsächlichkeit wiederzugeben. Dabei widmet sie sich einer Gewissheit, die ebenso schwierig wie unentrinnbar ist: dem Tod. Mit 400 historischen und zeitgenössischen Exponaten – darunter Arbeiten von Nan Goldin, Thomas Demand, Christian Boltanski oder Andy Warhol – zeigt das c/o-Berlin die moralischen und ästhetischen Facetten, mit denen ein letztes fotografisches Bild von einer toten Person geschaffen werden kann. Ein solches Bild kann sachlich distanziert sein, wie auf den forensischen Aufnahmen der Londoner Polizei. Es kann in der rohen Unmittelbarkeit einer Reportage entstanden sein, wie die fürchterlichen Tatortfotos gelynchter Afroamerikaner in den Zwanzigern. Es kann die ganze emotionale Schwere der Trauernden tragen, wie die dekorierten Devotionalien des Fin de Siècle. Es kann aber auch wie die nur andeutenden Dokumentationen aus einem Leichenschauhaus von Andres Serrano eine respektvolle Unvollständigkeit hinterlassen. „Das letzte Bild“ ist eine melancholische, provokative, manchmal schwer zu ertragende Darstellung vom unausweichlichen Ende des Lebens. Und sie hinterlässt eine Frage, die nach dem würdevollen und die nach dem würdelosen Tod. (soj)

Bis 3. 3., tgl. 11–20Uhr, am 25. 12. 14–20 Uhr und 31. 12. 11–17Uhr, am 24. 12. geschlossen, Hardenbergstr. 22–24