HAMBURGER SZENE VON KAI VON APPEN
: Alles wegen einem Euro

Wat mutt, dat mutt – gerade wenn’s auf die Piste geht. Nach dieser Devise stürmen die beiden jungen gestylten Frauen mit einer Prosecco Flasche in der Hand hippelig durch den Hintereingang in die Gaststätte, wohl wissend, dass es einen Zugang zum geschlossenen Bahnhofs-Klo gibt. „Da is’ er“, sagt die blonde Kurzhaarige in Rot zielstrebig.

Doch da tut sich eine Barriere auf – die Toiletten sind scheinbar nur durch ein 1,20 Meter hohes Drehkreuz für einen Euro zu erreichen. Ohne zu fackeln und beschwipst schwingt sich die Frau in Rot mit einem athletischen Sprung über die Sperre – taumelt, torkelt und knallt mit dem Rücken an die Wand, findet aber Halt. „Brooaacch-eyhh“, stößt sie einen Schrei aus, der später in ein siegerisches „Yeeaah“ mündet, als ob sie erst jetzt realisiert, dass sie den Sprung in Kleid und Stiletto-Sandaletten gewagt hat. Ihre brünette Freundin setzt indes in Stöckelpumps zum Klettern an der Balustrade an, um den Euro zu sparen.

In dem Moment betritt ein Mann den Klo-Vorraum. „Bloß keine waghalsigen Aktionen“, sagt er väterlich. „Es geht auch einfacher.“ Er öffnet eine separate Schwenktür für Kneipengäste. Die Brünette ist erleichtert. „Ich wusste doch, dass es noch irgendeinen Trick gab“, ärgert sich die Blonde, doch dann kann sich das Duo beölen und verschwindet kichernd im Frauenklo.