wortwechsel: „Womit hab ich verdient, dass der mich angrient?!“
Der Lindner im taz-Interview – unkommentiert konstruiert er aus „arbeitslos“ gleich „nicht arbeiten wollen“? Staatlich geregelter (Geschlechts-)Verkehr stößt auch nicht auf Gegenliebe
„Schaut auf uns“, taz vom 15. 12. 18
Lindners Audienz
Ich lese sprachlos, wie unkritisch man dem Christian Lindner hilft, seine Lügen und Mythen in die Welt zu setzen. Kostprobe: „Frau Merkel war ja nicht mehr bereit, […] wirklich Neues anzustoßen.“ – Wie bitte? Was war mit dem Plan, reihenweise Kohlekraftwerke vom Netz zu nehmen? Wer hat denn da im letzten Moment die Reißleine gezogen? Stattdessen darf Lindner sich selbst wolkig „Dynamik“ zusprechen, ohne dass die Reporter nachhaken, was diese Phrase bedeuten soll.
Und weiter: Wieso belehrt dieser Marktradikale seine Stichwortgeber über Solidarität, ohne dass man ihn mit den wahren politischen Zielen der FDP konfrontiert? Sein Trick: Geschickt schließt er an seine Begriffsumdeutung sofort einen provokanten rhetorischen Köder an: Der Zuspruch zu den Grünen beruhe auf einem Missverständnis. Sofort erhält er eine wachsweiche Nachfrage als Vorlage und darf weiter plaudern, wie er will.
Die taz müsste eigentlich gewieft genug sein, den Blender zu stellen, statt sich im Laberhakenschlagen von einem Hansdampf düpieren zu lassen. Oder ist diese neue Naivität gegenüber der Hegemoniearbeit der FDP der Preis für ein neues Jamaika? Peter Dahlhaus, Köln
Gebt ihm Grönemeyer!
„Womit hab ich das verdient, dass der mich so blöde angrient?“
Lowandorder auf taz.de
Was erlaubt der sich?
Tschuldigung, aber was erlaubt sich der Anzug tragende Spätmöchtegernhipster von Lindner eigentlich? Zitat: „Was freilich nicht geht, das sind 30 Milliarden Euro höhere Steuern für die arbeitende Mitte, um das Geld denen zu geben, die nicht arbeiten wollen.“ Er bezeichnet damit alle ALG-2-Bezieher als Menschen, die nicht arbeiten wollen? Und blendet komplett aus, dass es nicht genug ausreichend bezahlte Jobs gibt oder dass viele ALG-2-Bezieher ehrenamtlich tätig sind, damit sie nicht stumpf RTL II gucken müssen? Was für ein Arsch. Udo Siebrasse, Gelsenkirchen
Unterbeschäftigung
Christian Lindner sollte sich mal anschauen, was der Statistikprofessor Dr. Gerd Bosbach vom Rhein-Ahr-Campus in Remagen zu der Arbeitslosigkeit in Deutschland sagt: „Es gibt circa 5,3 Millionen erwerbsfähige Empfänger von Arbeitslosengeld I und Arbeitslosengeld II. Dazu kommt noch, dass die Bundesagentur für Arbeit eine Zahl von Unterbeschäftigten herausgibt. Die Zahl der Unterbeschäftigten wird mit 4,1 Millionen von der BA angegeben. Unterbeschäftigung bedeutet aber auch fehlende Arbeitsplätze.“ RICKY-13 auf taz.de
Pflanzen – überschätzt?
„Pflanzenkohle könnte Böden und Klima retten“, taz vom 5. 12. 18
Liebe taz, es klingt sehr schön, was Ute Scheub da über die Empfehlung des Weltklimarates schreibt – meines Erachtens zu schön, um wahr zu sein: Zum einen haben Pflanzen den Nachteil, dass sie sehr schlechte Sonnenenergie-verwerter sind und selbst die ertragreichsten nur etwa 2 bis 5 Prozent pro Jahr und Fläche dessen aufsammeln können, was auf derselben Fläche mit Solarzellen oder Windrädern an Energie geerntet werden kann. Deshalb reicht die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche Deutschlands nicht aus, um so viel Biosprit zu erzeugen, wie hierzulande an Benzin und Diesel im Straßenverkehr verbraucht wird. Dazu kommt noch die Energie, die für die Pyrolyse aufgewendet werden muss.
Zum anderen hat die Natur ihre Gesetze und lässt sich auch mit den besten Ideen kein Schnippchen schlagen: Letztendlich gilt der Energieerhaltungssatz, der besagt, dass man genauso viel Energie in die Prozesse stecken muss, mit denen man Kohlenstoff aus Kohlendioxid holt, wie man vorher bei der Verbrennung gewonnen hat. Es ist und bleibt daher das Beste und Effektivste, die Verbrennung drastisch zu reduzieren und eine biologische Landwirtschaft zu betreiben, die auch ohne Pyrolyse Humus aufbauen kann – aber natürlich nicht so hohe Erträge bringt wie humus- und energie- fressende (in Form von Kunstdünger) konventionelle Intensivlandwirtschaft. Die meisten Forscher dürften das wissen, blenden das aber aus, weil sie ja von ihrer Forschung leben wollen. Gute Spartipps gibt es daher am ehesten von Idealisten, wie unter energie-minimieren.de Werner Behrendt, Oldendorf
„Geregelter Verkehr“, taz vom 18. 12. 18
Nicht die ersten
Sehr geehrte Redaktion, ist es nicht erschreckend, dass sich Bürger unseres Staates mit solchen Gedanken herumschlagen: „Damit, dass mein Name jetzt in einer Kartei steht, fühle ich mich sehr unwohl“, sagt sie. „Vor allem wegen des gesellschaftlichen Rechtsrucks. Ich gehöre nicht zu den ersten, die sie abholen. Aber zu den zweiten.“ Sabine Sabranski, Berlin
Grundrecht auf Verkehr?
Dass der Sexkauf, wie ihn Deutschland propagiert, mittlerweile ein Auslaufmodell ist, scheint die Redaktion noch immer nicht zu bemerken. Und dass unsere Nachbarstaaten, zuletzt Frankreich, das seit 20 Jahren existierende „nordische Modell“ des Sexkaufverbots der Schweden übernommen haben – die taz weiß nichts davon. Stattdessen eine Doppelseite mit ekligen Bildern und dem Loblied auf das „Bordell“ Deutschland. Und immer wird aus der Perspektive der „Sexarbeiterinnen“ berichtet.
Wie wäre es denn, sich endlich mal mit der eigenartigen Vorstellung von manchen Männern zu beschäftigen? Sind diese Herren der Schöpfung tatsächlich der Meinung, ein Grundrecht auf Geschlechtsverkehr zu haben – weil Männer angeblich so sind? Und dass es völlig in Ordnung sei, 18-jährige Mädchen aus dem Armenhaus Europas zu ficken, weil ihnen gerade danach ist?
Es gibt kein spezielles Männergrundrecht auf Geschlechtsverkehr.
Uwe Barkow, Frankfurt am Main
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