LESERINNENBRIEFE
:

Schön, dass so etwas passiert

■ betr.: „Aufruhr gegen Salafisten“, taz vom 24. 9. 12

Schön, dass so etwas passiert (solange es friedlich abläuft), und schön, dass darüber berichtet wird. Noch schöner wäre es allerdings, wenn die Medien hervorheben würden, dass es sich nicht um einen Kulturkampf zwischen „richtigen“ und „halbherzigen“ Muslimen handelt. Auch und gerade überzeugte, praktizierende Gläubige distanzieren sich von Eiferern und Gewaltbereiten. Und auch sie argumentieren mit der Religion!

Nichtmuslimischen Lesern ist das sicher oft gar nicht klar. Hilfreich wäre es daher zum Beispiel, gewisse mediale Kampfbegriffe wie „Dschihad“ und „Scharia“ entweder näher zu erläutern oder ganz zu vermeiden. Es stimmt nicht, dass die Salafisten „pro Scharia“ sind und die anderen Muslime dagegen. Eine Mehrheit der Muslime ist grundsätzlich für die Scharia, wie eine langjährige Gallup-Umfrage belegt. Sie definieren dieses Wort, das lediglich „Weg zur Quelle“ bedeutet, nur anders. Scharia heißt keineswegs „Handabhacken und Steinigung“ und ist nicht gleichbedeutend mit mittelalterlicher oder wahhabitischer Rechtsprechung! ANJA HILSCHER, Nordgoltern

Frauen, platt beiseitegeschoben

■ betr.: „Frauen und Stechen in der Union“, taz vom 24. 9. 12

Wie gut, dass sich durch die Bundesratsinitiative jetzt die Gegner einer Frauenquote outen müssen, die sich bislang hinter der Familienministerin verstecken konnten. Da zeigt sich nun wenigstens immer unverhüllter, wie es um Macht und Einfluss geht, den die Herren für sich behalten möchten. Kaum zu glauben, wie platt heute noch Frauen beiseitegeschoben werden sollen.

Ich denke da an die Kämpfe der Grundgesetz-Mütter, die 1948 für den selbstverständlichen Satz, Männer und Frauen sind gleichberechtigt, als Grundgesetz-Artikel einen ausdauernden Kampf durchstanden, Frauenorganisationen mobilisierten und sich weitere Aktionen einfallen ließen, um endlich, endlich (nach mehreren gescheiterten Abstimmungen!) diese Selbstverständlichkeit ins Grundgesetz zu kriegen.

Eine ebensolche Selbstverständlichkeit, wie es je 50 Prozent Frauen und Männer in leitenden Firmenpositionen heute sind.

BARBARA HARTZ-BENTRUP, Bremen

Eine eigenartige Stilblüte

■ betr.: „Frischer Wind für die Quote“, taz vom 24. 9. 12

Es ist schon eine eigenartige Stilblüte, dass in einer Demokratie Fraktionszwang herrschen darf. Ist es nicht beschämend genug, wie sich Volksparteien von einer kleinen „Interessenvertretung“ wie an einem Nasenring durch die Manege ziehen lassen. Von Splitterparteien, die bei einem Stimmenanteil von 5 Prozent und einer Wahlbeteiligung von 50 Prozent mal gerade jeden 2,5ten Wähler repräsentieren? Sollen die gewählten Parteien, die die Bundesregierung bilden, sich nicht für alle Bürger einsetzen? Demut und ein Gefühl von Verantwortung für das Ganze würde den Volksvertretern gut zu Gesichte stehen. NORBERT VOSS, Berlin

Was für ein Witz!

■ betr.: „Busse bezahlen keine Maut“, taz vom 18. 9. 12

Jeder, der sich kein Auto leisten kann und auch keine Lust hat auf den Tarifdschungel der Bahn mit seinen Sparwochenenden oder den kuriosen Ländertickets, ging bisher leer aus, wenn es darum ging, günstig und bequem von Leipzig nach Stuttgart oder von Hamburg nach Frankfurt zu gelangen. Umso erstaunlicher ist, dass sich jetzt ausgerechnet die Linken gegen diese Öffnung des Verkehrs stellen u. a. mit dem Argument, dass Busfahrer schlechter bezahlt werden als Lokomotivführer. Was für ein Witz!

Dass der Fahrgastverband Pro Bahn nur seine solvente Klientel im Auge hat, ist allerdings verständlich. Die Forderung nach gleichen Gewährleistungsrechten wie bei der Benutzung von Zügen ist allerdings eine Schnapsidee. Oder will man hier von Anfang an verhindern, dass überhaupt ein Fernbusnetz entsteht?

HARTMUT GRAF, Hamburg