Doch Geld? Hoffnung für Behinderte

Nun will auch die CDU die geplanten Kürzungen bei der Versorgung von Behinderten nicht mehr hinnehmen. Die SPD protestiert gegen die späten Proteste und viele vermuten einfach nur „Wahlkampfgetöse“. Ressort und Verbände verhandeln

bremen taz ■ Das Geld ist knapp und alle wissen, dass sie sparen müssen: CDU, SPD und Interessenverbände. Doch wo wie viel Geld für die Haushaltssanierung aufgebracht werden soll, ist weiter unklar – vor allem wo das Sozialressort die 20 Millionen Euro einsparen soll, auf die sich Senatorin Karin Röpke (SPD) in den Koalitionsverhandlungen verpflichtet hat. Die CDU hat jetzt erneut Einwände gegen die Pläne des Ressorts geäußert.

Nach dem Willen von Vertretern aller Parteien sollen auf jeden Fall nicht die Behinderten leiden. Nach ursprünglichen Plänen des Sozialressorts sollten 14,8 Prozent des Etats bei der stationären Unterbringung geistig und mehrfach behinderter Menschen sowie 3,8 Prozent bei Tagesförderstätten gekürzt werden. Dagegen protestiert die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände seit langem. Vorsitzender Burkhard Schiller beeilt sich zu wiederholen, dass der Weg für die „Schwächsten der Gesellschaft“ vorgezeichnet sei: „Das führt wieder Richtung Landeskrankenhaus.“ Sprich: Die Behinderten würden aus ihren betreuten Einrichtungen herausgerissen. Für Schiller unannehmbar. Vergleichsdaten über Kosten in anderen Bundesländern würden nur herangezogen, um Sparvorschläge zu sanktionieren, sagt er.

Nun hat sich auch die CDU explizit geäußert, will die Wohlfahrtsverbände unterstützen. „Wenn die freien Träger sich aus diesem Bereich zurückziehen, wäre das eine Katastrophe für die Versorgung der behinderten Menschen“, erklärte CDU-Fraktionschef Hartmut Perschau, nach dem Besuch einer kirchlichen Einrichtung. Und sein Sprecher Michael Ihly ergänzt: „Die Sparvorschläge aus dem Hause Röpke sind abwegig.“ Das Ressort solle seine Sparvorschläge klären und realisierbare Konzepte vorlegen.

Karin Röpkes Antwort: Die CDU habe die Sparbeschlüsse gebilligt, sogar ursprünglich Kürzungen in Höhe von 90 Millionen Euro verlangt. Wenn sich die CDU nun von Einsparungen distanziere, sehe Röpke mit großem Interesse Vorschlägen der Christdemokraten zur Aufstockung des Sozialetats entgegen, heißt es in einer Erklärung.

Deutlicher äußert sich der sozialpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Frank Pietrzok. Auch er hält die Kürzungen seiner Parteifreundin Röpke nicht für vertretbar, nimmt aber die CDU in die Pflicht. „Die können nicht sagen, dass gespart werden muss, dann aber bei jedem Vorschlag sagen: Das geht jetzt aber nicht“, sagt Pietrzok empört. Das Verhalten der CDU drücke aufs Koalitionsklima, das sei „Betrug am Wähler“. Pietrzok unterstützt das Sozialressort, das weiter mit den Trägern verhandelt.

Auch Burkhard Schiller rechnet sich in den Gesprächen einiges aus, will sich aber ebenso wenig wie das Sozialressort zum Verhandlungsstand äußern. Einen „Umbau der Hilfesysteme“ sieht der Vorsitzende dennoch kommen. Mit einem Ergebnis vor der Bundestagswahl rechnet er nicht.

Insider sehen in dem Vorstoß der CDU „Wahlkampfgetöse“, um der SPD „eins reinzuwürgen“, wie ein Verbandsvertreter sagt. Dennoch hofft er, dass die Betreuung der Behinderten weiter aufrecht erhalten bleiben, der im Bundesdurchschnitt noch relativ hohe Personalschlüssel gehalten werden kann. „Wir dürfen die Behinderten nicht aus der Gesellschaft drängen“, heißt es.

Doch wo wird gespart, wenn die Verbände und Parteien sich gegen das Ressort durchsetzen? Das bleibt unklar, immer wieder wird jedoch über die Übernahme der Kitas durch freie Träger debattiert. ky