wortwechsel
: Veronikas zwölf Kühe im Warthebruch

Die Hornkuh-Initiative in der Schweiz scheitert – ein Anlass, sich an gute Viehhaltung und gesunde Milch zu erinnern. Und weiter geht es mit der modernen Plage Hartz IV

Die Würde der Kuh sollte in der Schweiz gerettet werden – es misslang Foto: reuters

Lasst die Hörndl dran

„Mission Hornkuh scheitert“,

taz vom 26. 11. 18

Der Artikel von Andreas Zumach zur Schweizer Volksabstimmung, ob man den Kühen ihre Hörner gönnen soll, war wohltuend informativ. Das negative Abstimmungsergebnis dieser Schweizer Volksabstimmung zeigt vor allem eines: Die Leute schreien zwar gerne nach Tierschutz, aber im Zweifelsfall geht die neue Pangottheit „Sicherheit“ vor. Die Allgäuer Milchbauern schaffen es auch ohne Staatshilfe, wie mir meine Käsefrau auf dem Wochenmarkt erzählte. Dort geben die Molkereien jenen Bauern und Bäuerinnen, die die „Hörndl“ dran lassen, 5 Cent mehr für die Milch. Denn zu einer Touristenregion gehört nun einmal das liebe Vieh. Und zwar auf der Weide und mit Hörnern.

Wir als städtische Einkäufer können natürlich auch etwas dran drehen, indem wir versuchen, konsequent nur noch die Milch von Kühen zu kaufen, die ihren Kopfputz behalten durften. Zum Beispiel reine Weidemilch, denn da ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Kühe frei und draußen grasen durften, groß. Schaden tun die Hörner nur in den angeblich so tierfreundlichen Laufställen. Aus denn nämlich kommen die Tiere das ganze Jahr nicht raus. Dank Frust über den Bewegungsmangel nehmen sie sich schließlich gegenseitig auf die Hörner. Mir scheint das alte System der Anbindehaltung während der Nacht aber Freigang am Tag viel tierfreundlicher zu sein als Wegsperren der Tiere in einen überteuerten „Schöner Wohnen“-Wohlfühlstall.

Veronikas zwölf Kühe kamen abends stets von ganz allein nach Haus und trotten auf ihren angestammten Platz neben der besten Freundin, wo sie zum Melken und über Nacht angebunden wurden. Am nächsten Morgen kamen sie dafür gleich nach dem Melken sicher wieder raus, selbst bei Nebel durften sie allein im Warthe­bruch herumziehen. Diese Kühe wurden zwanzig Jahre alt, ohne jemals krank zu werden. Die Nachbarn rannten Veronika die Bude ein, um sich am Küchentisch einen Teil ihrer Milch in ihre mitgebrachten Behältnisse einfüllen zu lassen. Aber irgendwann war den Städtern erfolgreich einredet worden, totgekochte Milch aus Riesenmolkereien sei „hygienischer“ und also „sicherer“. Wegen der „Hygiene“ galt nun die ab Hof verkaufte Milch als nicht mehr statthaft, wurde schließlich sogar illegal! Elisabeth Meyer-Renschhausen, Berlin

Mit Gruß auf den Lippen

„Bauernfrühstück“, taz vom 28. 11. 18

Geschätzte Anja Maier, Sie erfreuen mein Herz nicht nur gleich mit der Überschrift, sondern mit Ihren mit beißendem Humor und alten Begriffen gespickten Texten! So erzählt kein Mensch mehr, und ich mag die Bilder, die „Wald und Tann“ und Ihrem „fürbass“ dahingehenden Laufen innewohnen – die Märchen haben sie uns gelehrt, denn „dortselbst“ finden wir sie noch und haben sie nicht vergessen. Sie schaffen es jedes Mal, dass ich mich in Ihren heiter kritisierten Erlebnissen wiederfinde. Hier im Schwarzwald, wohin wir nach großstädtischen Erfahrungen gezogen und heimisch geworden sind, geht mensch durch den Schwarzen Wald mit etlichen Grußformeln auf den Lippen. Noch scheint es undenkbar, einfach aneinander vorbeizugehen. Mit Ehrerbietung, Ihre Sabine Stichler, Schramberg

Durchaus plausibel

„Airbnb“, taz vom 24. 11. 18

Airbnb will in den jüdischen Siedlungen im besetzten Westjordanland keine Ferienwohnungen mehr vermieten. Dieser Entschluss ist begrüßenswert, schließlich widersprechen die Siedlungen allesamt geltendem Völkerrecht. Auch die Begründung, sie seien „der Kern der Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern“, ist durchaus plausibel. Immerhin sind die Siedlungen das Haupthindernis für eine Friedenslösung, die auf dem Zwei-Staaten Prinzip gründet. taz-Autor Heiko Werning findet die Begründung aber keineswegs plausibel, für ihn ist „der Kern der Auseinandersetzungen“, dass die Palästinenser das Existenzrecht Israels nicht anerkennen. Verwechselt er da nicht etwas?

Richtig ist, dass die Hamas im Gaza­strei­fen es nicht anerkennt, die PLO jedoch, die im Westjordanland regiert – und um dieses geht es – hat das Existenzrecht Israels schon 1988 anerkannt. Geradezu infam wird jedoch Heiko Wernings Argumentation, wenn er mit dem Satz „Schlaft also nicht bei Juden“ suggeriert, dass die Leitung von Airbnb sich bei ihrer Entscheidung von antisemitischen Motiven habe leiten lassen. Israels extreme Rechte kann es kaum schöner ausdrücken! Andreas Unger, Berlin

Unlocker in Tecklenburg

„Petition der Woche: Gegen den Popcorn-Pöbel“, taz vom 3. 11. 18

Als mittelbar von der Petition betroffene Musicalbesucherin habe ich den Artikel gelesen – und dabei festgestellt, dass es sich um eine Glosse handelt. Wir Musicalfans, die wir regelmäßig ins Theater gehen, finden den Verkauf von Popcorn oder Eis im Theatersaal, aber besonders dessen Verzehr während der Vorstellung angesichts von Ticketpreisen von bis zu 200 Euro unschicklich. Selbst in Tecklenburg, wo es schon recht locker zugeht, wird ein Hinweis auf die Tickets gedruckt, dass Essen und Trinken während der Show verboten ist. Jemand, der Popcorn knabbernd, nach Alkohol stinkend oder schlürfend in der eigenen Peripherie sitzt, stört einfach.

Unser Anliegen ist uns jedenfalls ernst, und das Letzte, was wir brauchen, ist eine Glosse, die durch Übertreibungen und Ironie unser Hobby in den Dreck oder durch den Kakao zieht.

Manuela Möller, Neustadt (Hessen)

Macht was, Männer

„Männer gefährden die Gesundheit“, taz vom 3. 11. 18

Eine provokante, aber zutreffende Überschrift! Und für alle Männer, auch die, die sich über die Überschrift aufregen, gilt: Macht was gegen sexualisierte Gewalt – sprecht Männer an, wenn sie sich frauenverachtend verhalten, und thematisiert sexualisierte Gewalt in „Männerrunden“.

Margot Römmich, Mannheim

Die im Lichte stehen

„Abschied vom Guru“, taz vom 27. 11. 18

Ja, Paschas waren sie immer schon, jedenfalls die, die nicht nur selbst leuchten, sondern gerade die im Lichte stehen. Die Liste der selbstgefälligen Männer auf Buddhas Pfad ist lang: Maharishi Mahesh „Beatles“ Yogi, Bhagwan „Köln-Disco“ Osho als die bekanntesten Vertreter, aber auch all die lokalen Yoga-Cracks und alle, die in großen Weihrauchschwaden summen. Wir können viel von ihnen lernen, in ihnen lebt ein jahrtausendealter Pfad der Reife und des Strebens nach Weisheit. Wir wollen von ihnen angeleitet werden. Sie sollen auch (weiter) leuchten, aber auf die Finger schauen wollen wir ihnen doch.

Richard Herten, Zechow

Erhebliche Zweifel

„Schnelles Internet jetzt doch für jede Milchkanne“, taz vom 27. 11. 18

Das positive Fazit zu den 5G-Mobilfunkplänen der Bundesregierung greift zu kurz. Zum einen haben andere europäische Länder wie Estland oder Schweden deutlich ambitioniertere Ziele. Zum anderen existieren nach den vielen leeren Versprechen der letzten Jahre erhebliche Zweifel, dass insbesondere der ländliche Raum nicht mehr weiter abgehängt sein wird, da auch künftig hierzulande mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Oligopol herrschen wird, das seinen Gewinn nun einmal am besten über die Verknappung seines Gutes maximiert.

Deshalb bleibt das eigentlich Traurige, dass der Politik der Mut dazu fehlt, neue Wege zu beschreiten, zumal es sehr erfolgreiche (Gegen-)Modelle wie etwa in Stockholm gibt, wo die Stadt in Eigenregie ein hochmodernes Glasfasernetz aufgebaut und es dann unter dem Gesichtspunkt eines starken Wettbewerbs an private Anbieter weitervermietet hat! Rasmus Ph. Helt, Hamburg