wie das blech getrommelt wird von WIGLAF DROSTE
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Selbstverständlich kann sich ein Künstler politisch äußern, wenn er das möchte. Schließlich ist er, wenn er sich denn so klein machen will, ja auch noch Bürger des Landes, in dem er lebt. Und kann sich also an allen angebotenen Spektakeln beteiligen, wenn er es nicht aus gutem Grund vorzieht, das lieber sein zu lassen.

Speziell der Schriftsteller hat in seinem eigenen Beruf alle Möglichkeiten der politischen Äußerung. Vom Zweizeiler bis zum Drama, vom Essay bis zum Roman steht ihm, je nach Lust und Begabung, jede Form offen. Ohne öde Empfehlungen für öde Politiker abzugeben, kann er sich unabhängig äußern. Wolf Biermann hat das vor gut 35 Jahren in seinem Theaterstück „Der Dra-Dra“ getan, in dem es um die Notwendigkeit des Drachentötens geht und in dem empfohlen wird, nach der Tötung eines Despoten auch all die Hofschranzen, Mitläufer und Profiteure bitte nicht laufen zu lassen.

Als das Stück in München aufgeführt werden sollte, kam es zum Skandal und zu einer hysterischen Hetzkampagne: Dem Dramatiker Heinar Kipphardt, damals Chefdramaturg an den Münchner Kammerspielen, wurde vorgeworfen, „zum Mord an führenden Personen aus Politik und Wirtschaft aufzurufen“. Dass die Anwürfe haltlos waren, spielte keine Rolle, Kipphardts Vertrag wurde nicht verlängert. Die beiden treibenden Kräfte der Kampagne waren der SPD-Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel und der Schriftsteller Günter Grass – über den Kipphardt anschließend wörtlich schrieb: „Der dämliche Grass sieht sich neben Springer und Strauß, allesamt verfolgt von den mächtigen roten Kadern, die Vogel in München gerade noch mit Polizeieinsätzen in Schranken hält.“

Grass, der in der Süddeutschen Zeitung mehrfach Kipphardts Kopf forderte, tat das womöglich aus Rache; Kipphardt hatte ihn schon 1966 treffend verspottet. Als Grass sich nach einem Besuch bei der Luftwaffe positiv über die Bundeswehr äußerte, attestierte ihm Kipphardt: „Grass kriecht mit der SPD in alle Arschlöcher, in das des Papstes inklusive.“

Heute, knapp 40 Jahre später, ist alles, wie es war. Günter Grass trommelt Blech für die SPD, die mit Schröder ja auch wieder einen Friedensnobelpreisengel stellt, zumindest als Kandidaten. Wolf Biermann drischt gemeinsam mit Peter Schneider und anderen Unterschriftstellern auf die angeblich kommunistische Linkspartei ein – in der ihr Kompagnon Konrad Weiss sogar den „Leninismus“ wiederkehren sieht, deren „Säuberungen“ wir noch alle als „nützliche Idioten zum Opfer fallen“ werden. Es ist wohl so: Wer nicht schreiben kann, muss unterschreiben – bei einer Gruppe, die ihn dafür tätschelt und lieb (oder doch wenigstens ein Pöstchen zu vergeben) hat.

Allein die CDU betont ganz tapfer und prinzipienfest, von künstlerischer Unterstützung nichts zu halten und sie erst gar nicht haben zu wollen. Kunststück: Es gibt – abgesehen von Hupfdohlen wie Leander Haußmann – einfach keine Künstler und vor allem keine Künstlerinnen, die für Angela Merkel Reklame machen wollen. Im Gegenteil: Die Initiative „Frauen gegen Merkel“ wird soeben ins Leben gerufen – notfalls von mir, denn auch ich möchte einmal Teil einer Frauenbewegung sein.